Die literarische Seite des Hauses Faber

18.7.2017, 06:00 Uhr
Die literarische Seite des Hauses Faber

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Schon seit 1644 befasst sich die literarische Gruppe mit der Dichtkunst und pflegt die deutsche Sprache, schreibt selbst oder diskutiert neue Werke. Darüber referierte Professor Dr. Werner Kügel, der aktuelle Präses des Pegnesischen Blumenordens. Sein Thema: Unternehmertum und Kultur, Industrielle als Mitglieder im Zweiten Kaiserreich.

Damals, rund um die Gründerzeit, war es in gutbürgerlichen Kreisen üblich, in mehreren Vereinen Mitglied zu sein. Das Vereinswesen florierte, nachdem es für die Zusammenschlüsse einige Lockerungen gegeben hatte, unter anderem bezüglich des Versammlungsrechts und der Sperrstunde.

Zudem probte man im kleinen, vertrauten Rahmen gerne ein wenig Demokratie und lebte, was politisch im Großen noch verwehrt war. So konnte Kügel eine ganze Reihe von prominenten, wohlhabenden Mitgliedern aus den Reihen der Industrie in den Jahren rund gerechnet ab 1870 bis 1920 nennen: Kaufmann Johannes Scharrer, Buchdruckereibesitzer Wilhelm Tümmel, Farbenproduzent Hermann Lambrecht, Elektronik-Pionier Sigmund Schuckert und viele andere gehörten dazu.

Auch Bleistifthersteller Gustav Schwanhäußer, der Vater von Schwan Stabilo, und Karl Grasser von der Lyra-Bleistift-Fabrik waren "Pegnesen".

So verwundert es kaum, dass die Konkurrenz aus Stein ebenfalls mitmachte. Lothar von Faber (1817 bis 1896) trat am 21. Dezember 1866 unter der Stammlisten-Nummer 560 in den Pegnesischen Blumenorden ein. Er verkörperte einen neuen Fabrikanten-Typus, der sich mildtätig zeigte und allseits zum Wohl der Gesellschaft einsetzte.

Die literarische Seite des Hauses Faber

© Foto: Claudia Schuller

Seine Witwe Ottilie führte die Mitgliedschaft nach seinem Tod fort, bis sie selbst verstarb. Ihr Sohn Wilhelm Freiherr von Faber folgte der Familientradition und stieg ebenfalls bei den "Pegnesen" ein, am 9. Mai 1890. Von ihm ist bekannt, dass er die Natur liebte – und offenbar auch Lyrik. Als er 1893 jung verstarb, übernahm seine Witwe Berta die Mitgliedschaft, bis zu ihrem Tod 1940.

Keine Korrespondenz

So weit die Eckdaten des Vereinslebens, die sich der Chronik entnehmen lassen. Konkreteres ist leider nicht bekannt, etwa, ob die Fabers Geld spendeten, an Versammlungen teilnahmen oder vielleicht gar selbst ihre dichterische Ader bemühten. Hierzu lassen sich keine Korrespondenzen finden. Wenn, dann ließen sie sich wohl überhaupt nur selten auf den Treffen des Blumenordens sehen.

Kügel, der sich sehr ausführlich mit der Geschichte seiner Vereinigung befasst und bereits mehrere Bücher darüber geschrieben hat, hält es am ehesten für denkbar, dass sie an den traditionsreichen Festen im Irrhain bei Kraftshof teilnahmen. Der Zustrom war zu Zeiten der Fabers so groß, dass die Gäste von Thon in Massen in den Irrhain pilgerten. Die Steiner Bleistiftmagnaten könnten sehr wohl darunter gewesen sein.

Zudem wurde reichlich gespendet, was dem Blumenorden immer wieder aus der finanziellen Bredouille half, auch nach einer Verschuldung. Selbst wenn der Name Faber hier nicht auftaucht – wundern würde es wohl niemanden, wenn Lothar und Wilhelm sich auf diesem Feld wohltätig gezeigt hätten. Nur ob sie persönlich mit anderen Literaturfreunden über Neuerscheinungen diskutierten, Texte vortrugen und über Sprache philosophierten, das bleibt nach wie vor ihr Geheimnis.

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