Die Naturschützer pflegen ihr grünes Erbe

28.6.2017, 06:00 Uhr
Die Naturschützer pflegen ihr grünes Erbe

© Heinz Wraneschitz

Urplötzlich springt ein Rehkitz im hohen Gras auf und jagt davon. „Gut getarnt“, sagt Günter Löslein lachend, nachdem er dem Bambi hinterhergeschaut hat, bis es mit seiner Mutter im nahen Mischwald verschwindet.


Günter Löslein stammt aus Veitsbronn. Er ist Vogelkundler oder Ornithologe, so der Fachbegriff, vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). Kein Wunder also, dass er viel weiß über Neuntöter, Stieglitze, Buchfinken, Mönchsgrasmücken, ja sogar über Nachtigallen, die auf der Wiesenfläche, in den umgebenden Hecken oder im Wald aus alten Eichen und vor 20 Jahren neu angepflanzten Laubbäumen brüten.
An einigen hohen Stämmen sind Nistkästen mit LBV-Aufdruck angebracht. „Hier waren Kleiber drin“, zeigt Löslein in ein Gehäuse, von dem er die Front entfernt hat. Bei einem anderen Kasten tippt er wegen der grüneren Nestauspolsterung auf Meisen, die hier gebrütet haben.


Warten auf Waldkäuze


Auch für Waldkäuze sind zwei Behausungen aufgehängt. „Aber erst seit letztem Jahr“, erklärt Löslein die Tatsache, dass noch keiner der Vögel eingezogen ist. Dagegen haben Fledermäuse ihre Betonkästen gerne angenommen, wie auch das hölzerne Hornissenhaus bezogen ist.


Die riesige Wiese am Hang vom Zenngrund hinauf Richtung Dippoldsberg wie auch der Wald daneben sind Teil einer über elf Hektar großen, naturnah bewirtschafteten Fläche. Um die kümmern sich etwa 30 Aktive der LBV-Kreisgruppe Fürth. Sie sind auch für einige andere Grundstücke im Kreis Fürth verantwortlich, die dem Landesbund gehören. Das Gelände bei Dippoldsberg ist das größte, bestätigt Kreisvorsitzender Rainer Poltz aus Fürth.


Der promovierte Biologe Poltz ist Löslein auf den Chefsessel gefolgt. Und damit hat er auch die Zuständigkeit für jenes Erbe übernommen, welches dem LBV 1995 zuteil wurde: Ein Schäfer hatte offenbar keine geeigneten Verwandten, denen er seinen Besitz überlassen wollte. Deshalb machte er den LBV zum Erben.


Der Landesbund nahm die Schenkung mit Freude an und setzte die Kreisgruppe als Verwalter ein. Dessen Mitglieder haben alsbald Streuobstbäume auf die Wiese gepflanzt, den vorherigen Steckerlas-Kieferwald um Ahorn und andere Laubgehölze ergänzt. Dabei erhielten sie beratende Unterstützung von staatlichen Förstern und dem öffentlich geförderten Landschaftspflegeverband.


Dass die Wiese heute alle paar Wochen die Farbe wechselt, liegt an der extensiven Wirtschaftsweise: Während intensiv genutzte Grünflächen sechsmal im Jahr abgemäht und dafür gedüngt und mit Pflanzenschutz besprüht werden, kommt auf die LBV-Wiese nur der Regen von oben. Gerade mal zwei Mahden jährlich gibt es. „Die beiden Bauern, die mit uns zusammenarbeiten, bekommen so bestes Ökogras“, merkt Poltz an. Und diese „Flachlandmähwiese“, so der Fachbegriff, wird eben einmal von lilafarbenen Wiesenknopfblüten, ein andermal von weißen oder gelben Blühpflanzen farblich dominiert.


Die LBV-Aktiven verbringen jedes Jahr einige Stunden Freizeit hier. „Solche Pflegemaßnahmen sind auch ein gesellschaftliches Ereignis“, meint Poltz. Heuer im Frühjahr standen aufwändige Arbeiten an den Hecken, Sträuchern und Bäumen an. Nun können vor allem kleinere Vogelarten wieder besser Unterschlupf finden, erklärt Günter Löslein.
Biologe Poltz ergänzt: „Das Totholz bleibt im Wald.“ Dort stehen einige Anderthalb-Meter-Stöcke herum, in denen sich wilde Bienen und andere Insekten wie in einem Hotel eingenistet haben. Poltz erfreut sich auch an den zwei großen, alten Eichen in direkter Nachbarschaft: „Man findet nicht mehr so viele, die der Natur überlassen sind“, lobt er die Marktgemeinde Wilhermsdorf, den Eichen-Besitzer. Aber im eigenen Wald fühlt sich der LBV-Kreischef genauso wohl: zwischen ungefüllten Wildrosen, in denen wilde Wespen fleißig Pollen sammeln, und Holunderblüten, die hier gedeihen.

Und da ist ja auch noch der von einem kleinen Bach gespeiste Amphibienweiher, ganz am Fuß der Wiese direkt neben dem Zenntalradweg gelegen. Den haben Helfer des Landschaftspflegeverbands fast auf die doppelte Fläche erweitert. Dabei entstanden ein Flachwasser- und ein Uferbereich, in denen sich Wasserinsekten gut vermehren können.
Davon profitieren einerseits die vielen Vögel aus der Wiese, andererseits haben aber auch die Frösche im Weiher sehr viel davon. Ob sie deshalb so laut quaken, dass man es sogar noch in Dippoldsberg hört?

 

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