Die Stadt zahlt: Geburtstagstrip zu Henry Kissinger

2.6.2018, 06:00 Uhr
Die Stadt zahlt: Geburtstagstrip zu Henry Kissinger

© Foto: Stadt Fürth

Oberbürgermeister Thomas Jung hat sich zusammen mit den Fraktionschefs Sepp Körbl (SPD) und Dietmar Helm (CSU) sowie Stadtsprecherin Susanne Kramer und Monika Berthold-Hilpert vom Jüdischen Museum Franken am Montag auf den Weg gemacht.

Kissinger hatte die Gruppe in seine Wohnung in New York eingeladen, wo er im Nordosten Manhattans in der Upper East Side lebt, dem vornehmsten Viertel der US-Metropole. Als Bub, sagte der Jubilar und Sohn jüdischer Eltern, hätte er sich nie vorstellen können, dass ihm ein Fürther OB jemals zum Geburtstag gratulieren würde. Kissingers Familie war in der NS-Zeit in die USA emigriert.

Die Besucher brachten auch Geschenke mit: Von der Stadt gab es eine kleine Pappmaché-Figur und ein Foto mit der großen Kissinger-Figur, die fürs Stadtjubiläum angefertigt wurde. Die SpVgg Greuther Fürth schenkte ihrem prominenten Fan seit Kindertagen ein Modell der neuen Haupttribüne.

Die will der einstige Spitzenpolitiker, der für das Friedensabkommen in Vietnam 1973 den Friedensnobelpreis erhielt, dessen harte Realpolitik aber ist bis heute umstritten ist, noch persönlich betreten. Wie Kramer am Freitagnachmittag nach der Landung in Deutschland sagte, denkt Kissinger über einen weiteren Fürth-Besuch nach, bei dem er auch das neue Ludwig-Erhard-Zentrum, das erweiterte Jüdische Museum und den Platz vor der Fürther Hauptfeuerwache, der nach ihm benannt werden soll, in Augenschein nehmen kann. Zuletzt war Kissinger 2012 in Fürth.

Kosten von knapp 9000 Euro

Kramer schilderte ihren Gastgeber als munteren Gesprächspartner, der bei dem Besuch im "gediegenen Wohnzimmer praktisch eine Stunde durchgeplaudert" habe. Er sei noch immer ein beschäftigter Mann, sehe die Weltlage an einem kritischen Punkt und wünsche sich weiter stabile Beziehungen zwischen Amerika und Europa. Die Politik von US-Präsident Donald Trump habe Kissinger nicht direkt kommentiert.

Die Reisegruppe aus Fürth stattete in New York unter anderem dem Museum of Jewish Heritage einen Besuch ab, das laut Kramer auch einige Fürther Exponate zeigt. Die USA-Reise der Stadtspitze nahmen auf der FN-Facebookseite viele Menschen zum Anlass, Kissinger zu gratulieren. Zugleich wurde Kritik an seiner Politik und an der Reise laut.

Auf FN-Nachfrage erklärte die Stadtsprecherin, der Besuch koste insgesamt "um die 9000 Euro" und werde von der Stadt bezahlt. Eine ähnliche Kissinger-Visite gab es schon anlässlich des Fürther Stadtjubiläums 2007. Mit OB Jung und Stadtsprecherin Kramer reisten damals der Projektbeauftragte für die Jubiläumsfeierlichkeiten, Walter Landgraf, die Leiterin des Jüdischen Museums, Daniela Eisenstein, und Gisela Naomi Blume als Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Fürth.

Grünen-Fraktionschef Riedel wusste nicht Bescheid

Warum mit Körbl und Helm nun zwei Fraktionsvorsitzende mitreisten, nicht aber ein Vertreter der Grünen, die im Stadtrat ebenfalls Fraktionsstatus haben? Kramer sagte, "dann hätte der Fraktionsschlüssel gegriffen". Heißt: Die im Stadtrat stärker repräsentierten Parteien SPD und CSU hätten ihr zufolge das Recht auf mehr Abgesandte gehabt. "Es sollte aber eine kleine Gruppe bleiben."

Grünen-Fraktionschef Harald Riedel erfuhr vom Trip  über den großen Teich im Nachhinein. Er hielt ihn im ersten Moment "für einen Aprilscherz", so sagte er nun den FN, und glaubte beim Bild an eine Fotomontage. Riedel hätte gern vorab Bescheid gewusst, wäre aber  nicht mitgereist - "aus finanziellen und ökologischen Gründen". Denn:   "Für mich ist das kein angemessener Umgang mit Steuergeldern."

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