Druck auf dem Wohnungsmarkt bewegt die Fürther

17.1.2017, 06:00 Uhr
Druck auf dem Wohnungsmarkt bewegt die Fürther

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Noch am Vormittag hat Sturm „Egon“ über Fürth getobt, am Nachmittag halten die Aktivisten des Sozialforums ihre Banner tapfer in den abflauenden Wind. „Bezahlbare Wohnungen für alle“ heißt es darauf beispielsweise.

Zu den Demonstranten haben sich Romy Stöckel und ihre kleine Tochter gesellt. Stöckel durchforstet seit zwei Jahren Immobilienportale im Internet, um für ihre vierköpfige Familie eine Vier-Zimmer-Wohnung in Fürth zu finden. Vergeblich. Die meisten Angebote schauen sie sich nicht einmal näher an. Neun oder zehn Euro pro Quadratmeter wollen und können sie nicht aufbringen, weshalb sie weiter zu viert in drei Zimmern leben.

Für Stephan Stadlbauer ist die Familie ein Paradebeispiel dafür, dass etwas gehörig schieflaufe. Vor allem Menschen mit kleinem Einkommen hätten massive Probleme, etwas zu finden. Nach Angaben des Sozialforumssprechers stehen derzeit ungefähr 700 Bewerber für eine Sozialwohnung auf der Fürther Warteliste. Unhaltbar, meint Stadlbauer und fordert, die Verantwortlichen im Rathaus müssten schnell handeln. In der Pflicht sieht er unter anderem die städtische WBG.

Der Ort der Demonstration ist daher bewusst gewählt: Am Scherbsgraben hätte die Wohnungsbaugesellschaft Sozialwohnungen errichten können, sagt Stadlbauer, tatsächlich zog die Wohnfürth, eine Tochter der WBG, an dieser Stelle Eigentumswohnungen hoch. Beim Sozialforum stößt das auf massives Unverständnis: Wenigstens einen Teil der neuen Anlage hätte man doch als Sozialwohnungen ausweisen können. Der Staat unterstützt den Bau solcher Einheiten finanziell, dafür muss der Bauherr sie über viele Jahre für einen günstigen Mietpreis anbieten – und zwar an einkommensschwache Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein.

Druck auf dem Wohnungsmarkt bewegt die Fürther

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Die Wohnfürth sieht sich jedoch zu Unrecht vom Sozialforum an den Pranger gestellt. „Was günstigen Wohnraum betrifft, sind wir gut ausgestattet“, sagt Rolf Perlhofer, Geschäftsführer der Wohnfürth, auf FN-Anfrage. Im Bestand von WBG, Wohnfürth und der König-Ludwig-Stiftung befänden sich 2460 Wohneinheiten. 70 Prozent seien für Preise unterhalb der durchschnittlichen Nettokaltmiete vergeben, die der aktuelle Fürther Mietspiegel mit 5,63 Euro beziffert. Zudem errichte man gegenwärtig in der Stiftungsstraße unter dem Namen Sonnenhof 68 öffentlich geförderte Wohnungen.

Perlhofer: „Es gehört aber auch zu unserer Aufgabe, Wohnraum für breite Schichten anzubieten.“ Es gebe in Fürth zwar eine große Nachfrage nach sehr günstigem Wohnraum, nicht minder groß sei aber der Andrang auf modernisierte Flächen. Um den eigenen Bestand auf Vordermann zu bringen, benötigt die WBG Geld – und das verdient sie laut Perlhofer am Scherbsgraben mit dem Verkauf der 42 Eigentumswohnungen.

Nebeneffekt: Zwar seien unter den Käufern auch sechs Kapitalanleger. Ein Fragebogen, den die Kaufinteressenten ausfüllten, sorgte aber dafür, dass in erster Linie Mieter aus Fürth zum Zuge kamen, wodurch an anderer Stelle im Stadtgebiet Wohnungen frei würden.

Die Mehrheitsfraktion im Stadtrat hat die WBG mit ihrer Entscheidung hinter sich. Sepp Körbl, Chef der SPD-Fraktion und des WBG-Aufsichtsrats, verweist ebenfalls auf die günstigen Mietwohnungen, die derzeit am Sonnenhof entstehen und an anderer Stelle bereits entstanden sind. „Der Mix macht’s“, sagt Körbl und stellt klar, dass die WBG die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht alleine lösen kann. Sie habe nicht einmal drei Prozent der Fürther Wohnungen in ihrem Bestand.

Hier pflichtet das Sozialforum bei: Nicht nur die WBG sollte sich stärker für den Bau von gefördertem Wohnraum engagieren, auch private Bauträger müssten von der Kommune dazu angehalten werden.

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