Ein Oldie seiner Art vor der Wiederbelebung

22.3.2014, 11:00 Uhr
Ein Oldie seiner Art vor der Wiederbelebung

© Esterl

Herbert May sitzt in einer Stube, in der schon vor über sechs Jahrhunderten Menschen saßen. Auf der Holzbank am großen Tisch, den Kopf in die Hand gestützt, schaut der Museumsdirektor hinauf zur Decke. Er nickt zufrieden. „Das ist eines der ältesten Bauernhäuser, die es in Mitteleuropa noch gibt. Es ist das Wahrzeichen unseres Museums. Und die Decke ist noch das Original.“ Gezimmert im frühen 14. Jahrhundert.

Ein Oldie seiner Art vor der Wiederbelebung

© Blendinger

1367 gilt als das Entstehungsjahr für das Bauernhaus aus Höfstetten bei Heilsbronn, erklärt May gegenüber der Fränkischen Landeszeitung. Vor knapp drei Jahrzehnten kam es ins Freilandmuseum Bad Windsheims. Nicht ganz so alt, aber trotzdem das älteste seiner Art in ganz Süddeutschland, ist das Hofhaus aus Stöckach, Baujahr 1474, das die Museumsfachleute bereits 2008 in Stöckach Stein für Stein und Balken für Balken abgetragen haben. Fast abbruchreif, war es damals in einem bedauernswerten Zustand. In Bad Windsheim erlebt es ein Revival.

Wenn Herbert May in der uralten Stube aus dem Fenster über den Hof blickt, sieht er, wie das Dach des Hauses, das einst den Altsitzern des Hofes das Überleben sicherte, seine Farbe wechselt. Eine grüne Plastikfolie weicht gelbem Schilf. „Wir schichten Bahn für Bahn auf“, sagt Zimmerer Andreas May. „Das Stroh ist Marke Eigenbau, 1,20 bis 1,30 Meter lang. Wir legen das Stroh schuppenartig auf. Dann wird es gleichmäßig verteilt und mit Haselnussstöcken und einjährigen Weidenruten befestigt.“ Der Zimmerer, der zu den in alten Techniken versierten Handwerkern des Museums gehört, schlingt mit sicherer Hand einen Knoten nach dem anderen. Ihm zur Hand geht Christian Hauke, der ein freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege absolviert. „Man muss aufpassen, dass die Fasern nicht brechen beim Knoten“, erklärt der Zimmerer. „Jede Lage hat in zwei Reihen Stroh, in etwa 35 Zentimetern Abstand. Das geht immer im Kreis herum. In einem Tag schaffen wir eineinhalb Reihen.“

Nein, schüttelt der Handwerker oben auf dem Dach den Kopf, mit dem Reet in Norddeutschland hat das nicht allzu viel zu tun. „Reet wird mit Draht festgemacht. Hier arbeiten wir nur mit Haselnuss und Weiden. Ganz genau so, wie die Menschen vor über 500 Jahren ihr Dach gedeckt haben. Wir brauchen viele hundert Weidenruten, um das ganze Stroh zu binden.“

Namensvetter Herbert May ist inzwischen von der gemütlichen Küche im Bauernhaus auf das Dach des in die Höhe wachsenden Hauses im Hof gekommen. „Ein Hofhaus gehörte im Mittelalter im weiten Umkreis um Nürnberg einfach dazu. Man hatte das Wohnhaus mit dem Stall, daneben die Scheune, und dazu der dritte Bau, als zusätzlicher Stall oder zum Austrag für die Alten“, erklärt er. Das Hofhaus aus Stöckach stammt aus dem Jahr 1474. „Wir kennen im süddeutschen Raum kein älteres Hofhaus.“

Im Herbst wird es eingeweiht. Und der Aufbau des nächsten Gebäudes aus dem Mittelalter begonnen; ein Badhaus aus Wendelstein von 1450. „In ganz Deutschland ist kein älteres Badhaus bekannt“, sagt Herbert May. Es wird aber mindestens vier Jahre dauern, bis es wieder steht. Noch in diesem Jahr sollen dagegen die rekonstruierten Häuser um das Jahr 1000 ebenso neu präsentiert werden wie die Objekte zum Wohnen bis zurück in die Steinzeit, die die Außenstelle der Archäologischen Staatssammlung in München auf dem Gelände an der Aisch zeigt.

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