Ein Zugpferd für einen müden Wahlkampf?

17.10.2014, 06:17 Uhr
Ein Zugpferd für einen müden Wahlkampf?

© Hans-Joachim Winckler

Ein Vorgehen, das äußerst ungewöhnlich ist, wie Zwingel einräumt. Schließlich haben die Wähler keinen direkten Einfluss auf die Stellvertreter-Posten des Landrats (von denen es zwei gibt), da die Kreisräte über diese Personalie in ihrer konstituierenden Sitzung entscheiden. Insoweit findet es auch Matthias Dießl als Kreisvorsitzender der CSU „etwas verwirrend für die Wähler, mit einem Kandidaten für den Stellvertreter zu werben“. Dass sich ausgerechnet Zwingel dafür anstellt, habe ihn „verwundert. Denn das dürfte auf jeden Fall zu Lasten seiner Stadt Zirndorf gehen, die bisher doch immer der Nabel der Welt für Zwingel war“.

Dass auch die CSU bereits mit der Platzierung auf der Liste Weichen stellte, steht für Dießl indes außer Frage. Ohne explizit damit zu werben, sei Bernd Obst statt seiner auf Platz 1 erneut als Mann für den weiteren Landrats-Stellvertreter gesetzt, insbesondere da der Cadolzburger Bürgermeister im Mai bereits einmal vom Kreistag gewählt wurde.

Der Posten des ersten Landrats-Stellvertreters, den Zwingel entern will, ging seinerzeit an Franz X. Forman von den Freien Wählern. Allerdings drängte ihn der damalige Landratskandidat der SPD, Frank Bauer aus Zirndorf, in eine Stichwahl. Bauer soll nun statt Kreisvorsitzendem Harry Scheuenstuhl Fraktionschef der SPD im Kreistag werden und räumt damit den Platz für die kreistagsinterne Bewerbung Zwingels als Vizelandrat.

Forman wertet das als „Versuch, eine Personalie ins Spiel zu bringen, die nur wenig Sinn macht, weil es bei der Wahl erst einmal gar nicht um einen Spitzenposten geht“. Er stuft das Ganze eher als „Wahlkampf- Gag“ ein. Für CSU-Chef Dießl indes belegt die SPD-Aufstellung, dass die Partei „wandlungsfähig ist, gemessen daran, dass es eine Wiederholung einer Wahl“ binnen kurzer Zeit ist.

Ob es für Zwingel zu einer Mehrheit reicht, muss sich zeigen. „Wir haben in den letzten Kreistagswahlen kontinuierlich abgebaut, von einstmals 27 auf zuletzt nur noch 17 der 60 Mitglieder“, so Zwingel. Doch die SPD wolle Verantwortung übernehmen. Seine Partei, so Zwingel, sei dazu bereit und er sei es auch.

Noch ein Posten mehr für den in diversen Gremien platzierten Zwingel? „Warum nicht?“, hält der dagegen. Schließlich wolle er kein Neben- oder Konkurrenz-Landrat zu CSU- Amtsinhaber Dießl werden, sondern strebe das Miteinander an, „und an kommunalpolitischer Erfahrung fehlt es mir nicht“.

Das gute Ergebnis bei der Wahl im März sieht er als Beleg für seinen Rückhalt in der Bevölkerung. Mit 22 660 Stimmen zog er als Fünftplatzierter an Spitzenkandidat Frank Bauer (19 567 Stimmen) vorbei und verbuchte das beste Ergebnis auf der SPD-Liste, an das auch keiner von Grünen, Freien Wählern oder FDP heranreichte. Doch würde die Wählergunst über den Vize-Landrat entscheiden, hätte es im März 16 aussichtsreichere Aspiranten für den Stellvertreter-Posten gegeben — allesamt aus der CSU. Stimmenkönig war Matthias Dießl, der mit 51 985 Stimmen weit mehr als das Doppelte an Zuspruch fand als Zwingel.

Eine Unterstützung, mit der Dießl mindestens zwei weitere Kreisräte in den Kreistag gezogen haben dürfte, wie der selbst bestätigt. Dass die CSU ohne ihr Zugpferd Dießl nun Federn lassen könnte, liegt nah. Bis zu vier Mandate, fürchtet die CSU, könne sie schlimmstenfalls verlieren, sagt ein Insider, der seinen Namen nicht genannt wissen will. Von der Rechnung allerdings weiß Dießl, sagt er, nichts: „Wenn alle wie im März wählen gehen, wird auch das Ergebnis nicht anders aussehen“, gibt er sich überzeugt. Das Vertrauen, das die Wähler ihm entgegengebracht hätten, könnten sie auch den anderen CSU-
Kandidaten geben, „denn unser Wahlprogramm ist identisch: Wer CSU wählt, unterstützt die Politik des Landrates“. Wie im März sei das Wahlkampf-Motto „gemeinsam Zukunft gestalten – gemeinsam mit CSU-Kandidaten, dem Landrat, aber auch mit den Bürgern“.

Einmütiger Wahlappell

Dießls Hauptsorge indes ist, die Wähler, bei denen er viel Unverständnis für den neuerlichen Urnengang ausmacht, könnten ihren Part bei der Nachwahl nicht wahrnehmen. Die Menschen davon zu überzeugen, dass es ihr erneutes Votum braucht, ist für ihn entscheidend. Schließlich gelte es, den Kreistag auf eine möglichst breite Basis zu stellen. Womit er sich auf gleicher Linie mit Zwingel bewegt. Angesichts eines fünften Wahltermins binnen eines Jahres fürchtet er Wahlmüdigkeit.

Vorrangige Aufgabe aller Wahlkämpfer sei deshalb, so auch Zwingel, die Wahlbeteiligung „auf ein vernünftiges Maß zu ziehen und an die Landkreisbürger zu appellieren, ihr Wahlrecht auszuüben“. Sollten nur 20 Prozent der Wähler zur Wahl gehen, müsse sich der Kreistag schon fragen lassen, „wen er eigentlich vertritt“, sagt der Landrats-Stellvertreter-Kandidat. „Und eine geringe Wahlbeteiligung könnte die Kreistags-Konstellationen komplett durcheinanderwirbeln, das wissen wir alle“, so der Ex-Landrats-Stellvertreter Forman.

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