„Eine attraktive Infrastruktur hat ihren Preis“

14.4.2014, 06:00 Uhr
„Eine attraktive Infrastruktur hat ihren Preis“

Im Pressegespräch mit den FLN zum Haushaltsentwurf wird Kämmerer Martin Fenn deutlicher: „Angesichts des Mittelbedarfs auch in naher Zukunft“, sagt er, „könnte einem schwindlig werden“. Überrascht sei er gewesen, dass die Rechtsaufsicht trotz neuerlich geplanter Kreditaufnahmen in Höhe von 10,9 Millionen Euro bereits signalisierte, den Etat zu genehmigen. Was seines Erachtens „daran liegen dürfte, dass wir uns hier keinen Festsaal bauen, sondern die Pflichtaufgaben abarbeiten“.

Und die fordern Zirndorf seit Jahren massiv: Der Ausbau der Kinderbetreuungslandschaft sowie Straßen- und Kanalsanierungen gehen erneut kräftig ins Geld. Draufgeschlagen werden müssen die im politischen Konsens bewilligten 4,7 Millionen Euro für Investitionen ins und der Defizitausgleich fürs Bibertbad (wir berichteten).

Sollte Zirndorf alle Investitionen so abarbeiten wie geplant, würden die Schulden Ende 2014 bei 50,53 Millionen Euro stehen. Womit sie sich seit 2011 mehr als verdoppelt hätten. „Es sind nicht meine Schulden, auch wenn das mancher, der sie mitbeschloss, im Wahlkampf so behauptet hat“, sagt Bürgermeister Thomas Zwingel zu der Schulden-Explosion. „Nur zu gern“, meint er, „würde ich Anregungen zu Einsparungen aus den Fraktionen aufnehmen, wenn mir denn einer sagen würde, wo man sinnvoll kürzen kann, ohne dass die Qualität darunter leidet“, verweist auch er auf „Pflichtaufgaben, die uns voll erwischen“.

Für Zwingel ist die Jahresrechnung entscheidend. Und dabei komme es, wie die Erfahrung aus den Vorjahren lehrt, selten so schlimm wie prognostiziert. 2013 begnügte sich die Kämmerei mit Vorjahres-Kreditermächtigungen, was die Schulden trotzdem von knapp 28,83 Millionen auf 35,09 Millionen Euro hochtrieb (davon 7,6 Millionen Euro fürs Bibertbad).

Für den Etat 2014 stehen erneut 5,9 Millionen Euro an Kreditermächtigungen aus dem Vorjahr, die 10,9 Millionen neue Darlehen dazugerechnet, würde sich Zirndorf weitere 16,8 Millionen Euro Miese aufbürden. Je Einwohner wäre Zirndorf damit bei 1950 Euro Schulden angelangt. In vergleichbaren Kommunen Bayerns liegt dieser Wert bei 972 Euro.

Für Fenn ist das „eigentlich Wahnsinn, jedoch noch nicht die Spitze“ des drohenden Schuldenbergs: Für den Finanzplanungszeitraum bis 2017 geht er von einem Investitionbedarf in Höhe von 47,4 Millionen Euro aus: Dann stünde die Bibertstadt mit 79,2 Millionen Euro in der Kreide. Zirndorfs Pro-Kopf-Verschuldung läge bei 3057 Euro.

Die Sitzung, während der die Stadträte das Investitionsprogramm nach Sparansätzen durchforsteten, brachte nicht allzu viel. Nach zweieinhalb Stunden, in der überwiegend um Tausender-Beträge gerungen wurde, standen Einsparungen von einer knappen Million und Investitionen in Höhe von 18,06 Millionen Euro. Große Posten, die gestrichen wurden, waren, wie be-richtet, die Erweiterung der Obdachlosenunterkunft (400000 Euro) sowie Planungs- und Baukosten für die Verkehrsberuhigung in der Nordstadt im Umfang von 403100 Euro.

Im Hochbau sind 5 Millionen Euro eingeplant, die größten Posten sind die Mittelschule, der städtische Anteil für die von einem privaten Investor geplante Kindertagesstätte, die aus dem Kneipp-Bad werden soll, sowie die Erweiterung der Grundschule 1, die mehr Platz für eine wachsende Zahl an Schulanfängern braucht. Im Tiefbau sind für Straßen- und Kanalbau oder -sanierungen 5,9 Millionen Euro reserviert, darunter Goethestraße, Schul- und Hallstraße sowie Weiherhofer Hauptstraße.

Doch allein das Investitionsprogramm zu kürzen oder Projekte zu schieben, ist nach Einschätzung Fenns der falsche Ansatz: Die Ursache der Finanzprobleme macht er in den freiwilligen Leistungen aus. Sie belasten den Verwaltungshaushalt, doch an sie wage sich keiner heran. Um Beispiele ist er nicht verlegen: Das Museum braucht jährlich 240000 Euro, die Stadtbücherei 230000 Euro, die Volkshochschule 100000 Euro, die Musikschule 215000, das Kreativzentrum 73000 Euro.

Die freiwilligen Zuschüsse an die Vereine aufzulisten, würde Fenn Stunden kosten. „Und aus finanztechnischer Sicht“, ist Fenn überzeugt, „müssten wir das Bibertbad schlicht schließen.“ Allein für den laufenden Betrieb ist, wie bereits berichtet, heuer mit einem Fehlbetrag von 2,03 Millionen Euro zu rechnen. Mit den Sanierungssmaßnahmen muss die Stadt für die Freizeiteinrichtung voraussichtlich ein Defizit von 6,73 Millionen Euro ausgleichen.

Und jedes neue Darlehen enge den Spielraum weiter ein, so Fenn, da auch die Zinsen den Verwaltungshaushalt belasteten — 2014 mit 1,07 Millionen Euro. „Zirndorf“, sagt Fenn, „hat sich schon immer viel geleistet, und das hat seinen Preis.“ Doch die „hervorragende Infrastruktur“, ergänzt Zwingel, „sichert der Stadt auch die Ausnahme-Situation, eine von ganz wenigen noch prosperierenden Kommunen zu sein und auch künftig auf steigende Einwohnerzahlen setzen zu können“.


 

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