Eine Augenweide am Ackerrand bei Veitsbronn

18.6.2017, 17:00 Uhr
Eine Augenweide am Ackerrand bei Veitsbronn

© Foto: Athina Tsimplostefanaki

Herr Kasper, der Bauernverband ist voll des Lobes für das Engagement von Bayerns Landwirten für "blühende Rahmen". Sie werden in diesem Kontext mit der Aussage zitiert, dass der Maisanbau umweltverträglich und ergiebig zugleich ist. Was ist umweltverträglich an einer Pflanze, die so massiv gespritzt wird, dass nicht einmal mehr Ackerwinde oder Ampfer hochkommen, die schon in leichter Hanglage bei Starkregen obere Bodenschichten abschwemmen lässt und Bienen eine eintönige Kost bietet?

Kasper: Diese Einwände mögen stimmen. Doch gemessen an allen anderen, bei uns gängigen Feldfrüchten ist der Mais sehr unkompliziert. Er fällt halt extrem auf, weil er drei, vier Meter hoch wird. Jeder spricht von der Vermaisung der Flur, aber keiner von der Verweizung. Weizen steht nur kniehoch, über ihn kann jeder hinwegsehen. Doch er ist viel stärker am Vormarsch, weil er noch die verlässlichste Einkommensquelle im Ackerbau ist. Und bei Weizen, auch bei Raps, muss ich ein halbes Dutzend mal ran, will ich eine gute Qualität ernten. Bei Mais reicht in der Regel der einmalige Pflanzenschutz. "Mais säen und in den Urlaub gehen", sagten die Bauern früher.

Einmaliger Pflanzenschutz, sprich Herbizid: Damit ist verschwiegen, dass bereits die Aussaat gebeizt ist, um Schädlinge abzuhalten.

Kasper: Die Beize soll hauptsächlich den Vogelfraß der Körner verhindern. Als Bub hab’ ich das noch beobachten können: Die Bauern haben den Mais gesät, hinten nach sind die Fasane gestakt und haben Korn um Korn aus dem Saatbeet gepickt.

Der Mais ist ergiebig, bewirbt ihn der BBV. Weil ein Hektar davon Futter für fünf Kühe oder 35 Schweine liefert. Nur wird der Mais im Fürther Land eher dafür angebaut, um Biogasanlagen zu füttern. Auch Ihr Bauernhof ist ein reiner Ackerbaubetrieb. Ihr Mais geht ausschließlich in Biogasanlagen.

Kasper: Als ich mich vor sechs Jahren von der Viehhaltung verabschiedet habe, wurde die Biogasproduktion agrarpolitisch massiv unterstützt. Selbst mein Grünland an der Zenn, das ich anfangs noch als Heuwiesen für die Pferdehaltung nutzte, wird jetzt in der Biogasanlage vergärt, weil sich alles andere nicht rentiert.

Sie könnten statt Mais aber doch auch Silphie oder ungarisches Riesengras anbauen, von dem die Tier- und Insektenwelt weit mehr hätte?

Kasper: Nur komm’ ich damit nicht an den Ertrag von Mais heran, diese Früchte bleiben um mindestens 30 Prozent hinter der Biomasse von Mais zurück.

Aber Sie hätten bei diesen mehrjährigen Kulturen im Gegensatz zum einjährigen Mais weit weniger Aufwand: Einmal gesät und Sie könnten ohne viel Pflege über Jahre ernten.

Kasper: Das stimmt, aber so weit sind wir gedanklich vielleicht noch nicht. Da sind wir dann doch noch zu tief in der konventionellen Landwirtschaft verwurzelt.

Dafür Blühstreifen: Wie kommen die Fläche bei den Insekten an?

Kasper: Die Bänder in der Flur brauchen noch ein paar Tage, bis sie aufblühen, doch meine Pilotfläche mit einer mehrjährigen Mischung, die ich am Hof angelegt habe, steht schon in voller Blüte. Es ist Wahnsinn, was da alles summt: Die komplette Hummel- und Bienenfraktion natürlich und zig andere Arten, von denen ich selbst die meisten gar nicht kenne, tummeln sich hier.

Und wie kommen die blühenden Rahmen bei den Spaziergängern an?

Kasper: Offensichtlich gefällt’s: Ich beobachte immer wieder Leute, die ein Sträußle mit heimnehmen.

Und das ist Ihnen recht?

Kasper: Freilich, das ist Werbung in eigener Sache.

Sie sind Jäger. Nicht nur Insekten, auch Wildtiere dürften etwas von den Blühstreifen haben, oder?

Kasper: Fürs Niederwild wie Hase oder Reh haben sie meinen Beobachtungen zufolge gar nicht unbedingt den großen Effekt, aber sie sind etwas fürs Auge. Und das ist für uns der wichtige Aspekt: Die Leute sehen, es wird etwas gemacht für die Natur.

Aber die Blühwiesen böten doch auch die Hasenapotheke, die der Feldhase braucht, um gesund und stabil zu bleiben, und die ihm mangels wild bewachsener Ackerraine zwischen flurbereinigten, großflächigen Feldern fehlt. Und der Feldhase, heißt es immer, macht sich im Landkreis Fürth recht rar...

Kasper: Also bei uns im Revier ist der Besatz mit Hasen ganz gut. Zumindest hat mir die Hasenbande die ganzen Sonnenblumensamen aus meinen Blühstreifen gefressen.

Umweltverbände machen den Maisanbau mit dafür verantwortlich, dass heuer die Vogelpopulation massiv eingebrochen ist . . .

Kasper: Da würde ich als Jäger mal eher auf die Rabenvögel schauen. Die Nistkästen, die wir pflegen, waren heuer allesamt gut besetzt, doch Elster, Eichelhäher und Krähen haben die Eier aus den Kästen geklaut. Grundsätzlich wären diese Nesträuber bejagbar, so weit sie nicht gerade selbst Junge aufziehen, da steht jedes Tier unter Schutz. Nur macht das keiner mehr. Gerade im dicht besiedelten Landkreis Fürth ist das ein großes Problem.

Wieso?

Kasper: Da müsste ich mich im Tarnanzug in die Hecke setzen und den Nesträubern auflauern. Und schieß’ ich dann, kommt garantiert ein Jogger um die Ecke und zetert, allmächt’, ich bin beschossen worden. Der Ärger ist da vorprogrammiert. Selbst mit der Erfüllung unserer Abschussquoten bei den Rehen tun wir uns schwer, weil die Menschen zu den unmöglichsten Zeiten ihren Freizeitaktivitäten nachgehen. Mir ist schon eine mit Stirnlampen ausstaffierte Gruppe Jogger nachts um eins im Wald begegnet. Wie willst Du da eine vernünftige Bejagung machen, sodass alles Wild eine Chance hat?

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