Eine für alle: Oberasbacher Chronik spricht vier Sprachen

3.7.2017, 06:00 Uhr
Eine für alle: Oberasbacher Chronik spricht vier Sprachen

© Foto: Thomas Scherer

Normalerweise nimmt man ein Jubiläum zum Anlass, um eine Chronik zu verfassen. War es in diesem Fall die Partnerschaft zum französischen L’Aurence Glane Développement Couzeix (AGD), die sich zum 15. Mal jährt?

Arnold Lehmann: Nein, wir haben vielmehr festgestellt, dass das mit dem Gedächtnis so eine Sache ist. An viele Dinge, die erst vor zwei oder drei Jahren waren, können wir uns schon nicht mehr erinnern. Einige Menschen sind bereits gestorben. Wir können sie nicht mehr befragen. Selbst Altbürgermeister Bruno Allar, der die Gründung des Kulturvereins initiierte und die Städtepartnerschaften von Beginn an begleitete, hat nicht mehr alle Details parat. Uns ging es darum, die gesamte Entwicklung zu dokumentieren und zu archivieren. Deshalb wird auch der Heimatverein ein Exemplar der Chronik bekommen.

 

Neben AGD pflegt Oberasbach Verbindungen zum sächsischen Niederwürschnitz, ins polnische Olawa und nach Italien zu Riolo Terme. Warum ist das Buch viersprachig?

Manfred Frank: Wir wollen es unseren Freunden zur Verfügung stellen, alle sollen teilhaben und sich damit identifizieren können. Schließlich haben wir aus unseren Partnerstädten nicht nur Informationsmaterial und komplette Texte bekommen, sondern auch große Unterstützung bei der Übersetzung erhalten.

Gerd Holzammer: Außerdem geht es uns auch um den Blick auf Europa und um eine politische Aussage. Eine Partnerschaft beschränkt sich nicht darauf, dass die politischen Repräsentanten unter Fahnen stehen. Diese Beziehungen leben davon, dass es Menschen gibt, die persönliche Verbindungen knüpfen.

 

Und klappt das mit allen drei Partnerstädten gleich gut?

Holzammer: Das hängt viel von Personen ab. Ich würde sagen, Frankreich, das läuft sehr gut. Mit Italien war das unter der früheren Bürgermeisterin Emma Ponzi auch der Fall. Mit ihrem Nachfolger ist das ein wenig anders.

 

Grußworte, Stadtporträts, die Geschichte der kommunalen Verbindungen, der Ausblick auf die künftige Entwicklung – alles wurde übersetzt, nur die Satzung des Oberasbacher Kulturvereins, des Motors der Partnerschaften, nicht. Haben Sie vor dem Behördendeutsch kapituliert?

Lehmann: Man muss sich fragen, mit was die Leute etwas anfangen können. In Polen beispielsweise ist ehrenamtliches Engagement wie bei uns weitgehend unbekannt. Alles, was mit der Städtepartnerschaft zu tun hat, macht dort nicht etwa ein Verein, sondern die Kommune. Bei drei Seiten Satzung hätten wir vielleicht noch 30 Seiten Erläuterungen gebraucht. Das bringt nichts.

 

Feiern spielen naturgemäß eine wichtige Rolle bei den Partnerschaften. Sie stellen sich als deutsche Vertreter auch den Verwerfungen der jüngeren Geschichte. Wie wichtig ist das Ihren ausländischen Freunden?

Holzammer: Das Massaker der SS in Oradour sur Glane ist den Franzosen sehr präsent. Wir haben das Mahnmal bereits einige Male besucht, zuletzt mit unseren polnischen Freunden. In Italien gibt es mit Marzabotta einen Ort, an dem ähnlich schreckliche Dinge passiert sind. Auch dort waren wir bereits.

Frank: Unsere Partnerschaften beruhen nicht auf der Feierbasis. Wir leisten dabei auch politische Arbeit, die bereits von der Europäischen Union anerkannt und finanziell gefördert wurde. Beispielsweise haben wir die Bundesanstalt für Migration besucht, dort gab es einen Vortrag und eine Diskussion zur Asylpolitik. 2014 veranstalteten wir einen Energietag. Wir haben gemeinsam Windkraft-, Biogas- und Photovoltaikanlagen besucht. In der Oberpfalz besichtigten wir den Schlackenberg der Maxhütte. Unseren Freunden wurde dabei gezeigt, wie sich eine hochverseuchte Gegend zum Biotop gewandelt hat.

 

Was entwickelt sich bei den Partnerschaften besonders gut?

Lehmann: Wir wollen ja auch etwas für die Jugend tun. Das ist eindeutig unser Fußballturnier, das der TSV Altenberg ausrichtet. Das hat längst EM-Charakter.

 

Und was passiert nun mit den 500 Exemplaren Ihrer Chronik?

Lehmann: Für 15 Euro kann, wer will, ein Exemplar im Rathaus kaufen. Unsere Partner bekommen ebenfalls ein Kontingent, wobei wir da gegen eine Spende nichts einzuwenden hätten, denn weitere Projekte sind in Vorbereitung, und da ist jeder Euro wichtig. Übrigens haben uns diesmal auch die Bürgerstiftung Oberasbach und der Bezirk Mittelfranken unterstützt.

Keine Kommentare