Eine Lobby ist wichtig

4.9.2007, 00:00 Uhr
Eine Lobby ist wichtig

© Winckler

Herr Meister, Fürths Senioren sind doch, sagen wir mal, «alt genug», um für sich selbst zu sprechen. Warum braucht es da einen Seniorenrat?

Adi Meister: Auch ältere Menschen müssen eine Lobby haben, die ihre Interessen mit lauter Stimme vertritt. Die Gesellschaft altert. Viele Senioren haben keine Kinder, sind auf sich allein gestellt. Sie brauchen unsere Unterstützung.

Warum?

Meister: Weil sie sonst von der Gesellschaft untergebuttert werden.

Wie meinen Sie das?

Meister: Es gibt Versicherungsgesellschaften, die verkaufen über 80-jährigen Demenzkranken Policen. Die Angehörigen sind bisweilen damit überfordert, solche Geschäfte rückgängig zu machen. Wir helfen. Oder nehmen Sie das Beispiel der so genannten Mobilen Sozialen Dienste. Da waren einige sehr mobil, aber reichlich wenig sozial. Drei Minuten Pflege, aber eine halbe Stunde aufschreiben - das gab es alles schon. Da reagieren wir ganz schnell und haben solchen schwarzen Schafe auch schon das Handwerk legen können. Die große Mehrzahl der Dienste arbeitet aber korrekt und zuverlässig.

Bis vor einem Jahr hieß es noch «Seniorenbeirat». Warum fehlt jetzt der Zusatz «bei»?

Meister: Wir wollten klarmachen, dass wir keine «Beigabe» sind, sondern ein ernst zu nehmendes Gremium. Dank unserer guten Arbeit nimmt man uns in der Stadt inzwischen tatsächlich ernster. Wir sind nicht mehr die «Exoten». Die Namensänderung sollte das unterstreichen.

Was sind die Erfolge ihrer Arbeit?

Meister: Unsere Tätigkeit spielt sich überwiegend im Kleinen und Verborgenen ab. Es gibt aber schon ein paar herausragende Dinge: Durch unseren Einsatz ist es gelungen, das Stiftungsaltenheim vor der Schließung zu retten. Beim Thema Verkehr haben wir durch permanentes Nachbohren erreicht, dass inzwischen alle Busse in Fürth beim Ein- und Aussteigen abgesenkt werden können. Auch die Aktionen der Polizei gegen das Fahrradfahrens in der Fußgängerzone sind unser Verdienst. Oder denken Sie an den Seniorentag 2006, der nun im Zweijahresrythmus wiederholt wird.

Im Dezember wird ein neuer Seniorenrat gewählt. Wer darf mitmachen?

Meister: Jede Vereinigung in der Stadt, die mehr als sieben Mitglieder über 60 Jahre hat und sich die Seniorenarbeit auf die Fahnen schreibt. Dazu zählen natürlich die Wohlfahrtsverbände, aber auch Sportvereine, die ein bestimmtes Angebot für Senioren bereithalten. Jede dieser Vereinigungen darf Delegierte und Kandidaten für die Wahl der 30 Mitglieder entsenden.

30 Leute, brauchen Sie so viele?

Meister: Natürlich, wir haben in den kommenden Jahren viel vor. Deswegen erhöhen wir die Zahl der zu wählenden Mitglieder sogar von 25 auf 30.

Welche Aufgaben stehen denn an?

Meister: (lacht) Ein Riesenberg. Unter anderem wollen wir in enger Zusammenarbeit mit der WBG ein «Mehrgenerationenhaus» auf die Beine stellen, in dem Jung und Alt gemeinsam leben. Außerdem denken wir an ein Internet-Café für Senioren. Und: Wir möchten einen Preis ausloben für private oder öffentliche Bauherren, die ein Haus seniorengerecht umbauen. Aber das ist alles nicht unsere größte Herausforderung.

Was ist es dann?

Meister: Vor 50 Jahren hat der damalige Bundespräsident fünf Deutsche geehrt, weil sie älter waren als hundert Jahre. Heute leben allein in Fürth mindestens zehn über Hundertjährige. Wenn man sich das vergegenwärtigt, weiß man, was mit der demografischen Entwicklung auf uns zukommt. Die Zahl der Senioren wächst. Und für diese Menschen besteht Handlungsbedarf - durch uns. Interview: JOHANNES ALLES

Der Seniorenrat ist täglich im Seniorenbüro der Stadt im Rathaus zu erreichen. Dort gibt es auch die Unterlagen für die Wahl.