Volksbegehren: Eine Unterschrift für die Artenvielfalt

18.1.2019, 11:00 Uhr
Volksbegehren: Eine Unterschrift für die Artenvielfalt

© Foto: Thomas Scherer

Gelbe Rapsfelder im Frühjahr, blühende Obstbäume, kleine Blühflächen in immer mehr Gemeinden. Trotzdem finden die Bienen offenbar nicht genug Nahrung. Warum ist das so, Herr Block?

Harry Block: Im Frühjahr zur Zeit der Obstbaum- und Rapsblüte sammeln sie ausreichend Nektar. Doch danach kommt eigentlich fast nur noch grüne Wüste und dann der Mais mit seinen minderwertigen Pollen. Es geht hier nicht nur um die Honigbiene, sondern auch um Insekten allgemein und die rund 520 weiteren Wildbienenarten, dazu gehören beispielsweise Hummeln, Schlupfwespen oder absolute Spezialisten wie die Mohn-Mauerbiene, die Klatschmohn zum Überleben braucht. Sie alle finden in den Monaten Mai bis Juli zu wenig Nektar und abwechslungsreichen Pollen — das hat Folgen für den gesamten Naturhaushalt.

 

Und welche sind das?

Block: Viele Vögel ernähren sich von Insekten oder deren Larven. Auch für sie ist der Tisch nur noch mager gedeckt. Eine Lerche oder ein Kiebitz sind heute eine Seltenheit.

 

Ist wenigstens der Raps im Frühjahr gut für die Bienen?

Block: Grundsätzlich für den Imker ja. Der Nektar ergibt einen guten, weißen, cremigen Honig. Allerdings benötigen Insekten ein abwechslungsreiches Angebot und das ist eine einseitige Ernährung für die Brut. Wie bei uns Menschen schwächt sie das Immunsystem.

 

Was ist mit den Insektiziden und Pestiziden?

Block: Die Samen von Raps und Mais werden mit Neonicotinoiden behandelt. Bei Honigbienen sind die Auswirkungen wissenschaftlich untersucht. Die Gifte schädigen den Orientierungssinn und das Gedächtnis. Folgen können sein, dass die Tiere nicht mehr zurück in ihren Stock finden oder sie können nicht mehr mitteilen, wo sich die Futterquellen befinden. Ein Bienenvolk ist ein hochkomplexes System, wenn ein Teil ausfällt, schwächt dies das ganze Volk.

 

Das Volksbegehren soll die Landwirte gesetzlich zu mehr Rücksicht auf den Naturhaushalt verpflichten. Was sind das für Maßnahmen?

Block: Felder sollen nicht mehr bis an die Raine mit Pestiziden und Insektiziden behandelt werden. Auf Streifen von zwei bis drei Metern Breite könnten wieder Wildkräuter und -blumen wachsen. Mähen statt Mulchen in Straßengräben und an Wegrändern ist ein wichtiger Aspekt, denn das Mulchen verhindert die nächste Blüte. Wichtig ist auch, dass wir mehr blühende Inseln in unserer Landschaft schaffen. Flächen, die nicht sehr ertragreich sind, könnten in blühende Oasen verwandelt werden. Auch Waldränder bieten sich dafür an. Das alles und noch mehr sollte gesetzlich geregelt werden.

 

Stöhnen die Landwirte nicht schon unter genug bürokratische Vorschriften?

Block: Ja, aber manche Landwirte legen die Vorschriften großzügig aus. Die Probleme der Landwirte kann ich schon verstehen, schließlich bestreiten sie ihren Lebensunterhalt mit den Erträgen vom Feld. Andererseits haben sie es wie kein anderer Berufsstand in der Hand, einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt zu leisten. Hier geht es nicht nur um die Bienen, sondern um die Zukunft unserer Kinder und Enkel.

Arbeiten die Imker auch mit den Landwirten zusammen?

Block: Ja, es gibt beispielsweise einen interessanten Versuch gemeinsam mit dem Institut für Bienenkunde in Veitshöchheim und dem Bauernverband und Landwirten. Hier wird auf einigen Felder ein Hanfmix oder Präriemix ausgebracht. Er ist als Alternative zur Bioenergiepflanze Mais gedacht. Und er hat gleich mehrere Vorzüge: In trockenen Jahren bringt er mehr Ertrag als Mais, er bietet Nektar und Pollen und der Nitrateintrag in das Grundwasser ist geringer.

 

Wie sind Ihre Erfahrungen, wenn Sie Landwirte auf das Problem des Artensterbens ansprechen?

Block: Es gibt bei etlichen Landwirten durchaus eine große Bereitschaft, etwas für den Naturschutz zu tun. Aber wir müssen auch die Politik einbinden, denn es kann nicht sein, dass die Bauern Ernteausfälle haben, weil sie Blühflächen bereitstellen. Das muss ausgeglichen werden und zwar unbürokratisch.

 

Die Hürden für das Volksbegehren sind hoch. Eine Million Unterschriften müssen bayernweit bis 13. Februar zusammenkommen, um ein Natur- und Artenschutzgesetz zu schaffen, wie im Entwurf vorgesehen. Wie optimistisch sind Sie, dass das Vorhaben klappt?

Block: Ich bin sehr zuversichtlich. Wir Cadolzburger Imker wollen dazu einen Beitrag leisten. Im Einkaufszentrum am Kreisel und am Rathaus werden wir an einigen Tagen während der Eintragungszeit mit Flyern und im persönlichen Gespräch um Unterschriften werben.

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