Eingesperrt in der Westvorstadt

13.6.2012, 13:00 Uhr
Eingesperrt in der Westvorstadt

© Winckler

Die Parkstraße? Schon seit Monaten wegen einer Großbaustelle dicht. Die Stauffenberg-Brücke? Wird seit Montag saniert. Und der Weg durch die frühere amerikanische Offizierssiedlung? Den verbaut ebenfalls seit Montag eine Sperre an der Beethovenstraße, weil die Stadt den dahinter wohnenden Menschen den Umleitungsverkehr nicht zumuten möchte.

In die Südstadt fährt man nun am besten über die Billinganlage. In den Westen über die Hardhöhe und die Würzburger Straße. Wer das im Berufsverkehr tun muss, hat das ganz große Los gezogen. Richtig spaßig wird es, wenn man Kinder hat, die beispielsweise in der Musikschule im Südstadtpark musizieren oder Sport treiben – etwa beim TV Fürth 1860, der plötzlich so gut erreichbar scheint wie Nordkorea. Andere müssen ihren Nachwuchs früh morgens in die – eigentlich nahe gelegenen – Krippen oder Kindergärten in Dambach bringen. Ohne einen absurden Umweg ist das nicht mehr möglich. Klar, das Fahrrad ist eine Alternative. Aber nicht bei Regen. Und auch nicht, wenn man im Anschluss mit dem Auto weiterdüsen möchte, weil der Chef am Arbeitsplatz schon ungeduldig mit den Fingern trommelt.

Etliche Familien sehen ihren Alltag auf den Kopf gestellt und versuchen irgendwie ihre Terminkalender anzupassen. Beispiel aus einer betroffenen Familie: Zwischen Schulschluss und der Klavierstunde der Tochter ist leider nicht viel Zeit. Bis vor kurzem konnte das Mädchen aber nach Hause kommen und eine Kleinigkeit essen, um dann in den Südstadtpark gebracht zu werden. Jetzt läuft das anders: Die Mutter fährt bereits zeitig los, um das „Sperrgebiet“ zu verlassen und gabelt die Tochter an einer Schulbushaltestelle jenseits der Straßensperren auf. Apropos Schulbus: Der kommt auch nicht mehr. Die Kinder müssen nun die Bahngleise überqueren und bis zur Straße „Im Weller“ laufen.

Ist das Jammern auf hohem Niveau? Musik, Sport, Kinderbetreuung – es gibt schließlich Menschen, die ganz andere Probleme haben. Deren Kinder kein Instrument spielen, weil sie das Geld dazu nicht haben. Klaglos hinnehmen, muss man es deshalb trotzdem nicht, wenn man von einen Tag auf den anderen von einem Teil der Außenwelt abgeschnitten wird.

Viele fragen sich, warum die Stadt die Brückensanierung nicht erst nach Abschluss der Arbeiten in der Parkstraße Ende Juli in Angriff nehmen konnte. Doch darüber zu lamentieren ist müßig, weil ohnehin zu spät.

Die große Frage ist: Warum lässt die Stadt die Beethovenstraße nicht noch offen, bis die Parkstraße freigegeben ist? Würde man den Anwohnern der Offizierssiedlung und des sogenannten Komponistenviertels damit wirklich zu viel zumuten? Ja, meint man bis dato bei der Stadt. Die Straßen seien nicht für derart viel Verkehr – möglicherweise sogar Lkw – ausgelegt. Fest steht aber auch: Ändert die Stadt nichts an der Situation, werden es fünf äußerst unangenehme Wochen für die Menschen in der Westvorstadt.

34 Kommentare