Emotionale Spurensuche in der Nebelwand

4.10.2017, 18:50 Uhr
Emotionale Spurensuche in der Nebelwand

© Th. Scherer

Autorin Eva Umlauf überlebte mit ihrer Mutter und der jüngeren Schwester KZ-Haft, verbrachte Kindheit und Jugend in der Tschechoslowakei und übersiedelte nach München, wo sie bis heute als Kinderärztin und Psychotherapeutin arbeitet. 2014 schrieb sie ihre Lebensgeschichte auf, die 1942 im slowakischen "Arbeitslager für Juden" in Nováky beginnt. Als Zweijährige entkommt sie der Hölle von Auschwitz.

Lange hat Umlauf gebraucht, dieses Buch zu schreiben. Auf Zetteln und Notizen, mit Recherchen in den Archiven von Yad Vashem und Auschwitz trug sie ihre Erinnerungen zusammen — gleichwohl war es eine "Spurensuche vor einer Nebelwand". Die Mutter habe nicht viel darüber gesprochen. Als "Glückstransport" wurde der erste Transport, der von Auschwitz wegführte, bezeichnet. Umlauf liest über ihre Geburt im Arbeitslager; ein Kind mit 3200 Gramm kam da zur Welt, dem die Eltern nicht den jüdischen Namen Mirjam gaben, sondern den christlichen: Maria. Nováky war ein Lager, in dem die Mutter als Weißschneiderin arbeitete. Ständiger Begleiter war die Angst, nach Auschwitz transportiert zu werden. Im Lager Birkenau tätowiert man dem Kind die Registrierungsnummer A 26959 ein, ihrer Mutter die A 26958. "Eine furchtbare Entmenschlichung, anstatt eines Namens mit einer Nummer wie mit einem Muttermal leben zu müssen."

Nach der Befreiung von Auschwitz 1945 prophezeite ein Kinderarzt der Mutter, dass das Kind nicht überleben werde. Zehn Jahre später brachte sie just dieses Kind in eine Klinik nach Prag — zu eben diesem Arzt. In München fand Eva Umlauf einen Platz im Land der Täter und entdeckte, dass Jüdischsein und freies Leben zusammenpassen können, auch wenn an Feiertagen immer noch Polizei die Synagogen bewacht. Was das Buch bei ihr verändert hat? "Es hat die Familie noch mehr zusammengebracht."

Nach Skizzen aus dem Gedächtnis hat Béla Faragó jüdische Persönlichkeiten aus der Region, speziell aus der Fürther Gemeinde, gemalt; Persönlichkeiten, die durch die Nationalsozialisten umgekommen sind.

Eines der monumentalen Schellacktusche-Porträts aber zeigt Eva Umlauf als Mädchen. Nachdenklich und skeptisch blickend.

"Die Nummer auf deinem Unterarm ist blau wie deine Augen": Galerie Destillarta, Buchschwabacher Mühle, Mühlbachweg 12. Freitags und Wochenenden 10-17 Uhr. Bis 29. Oktober.

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