Endzeitstimmung im Wiesengrund

27.10.2014, 09:23 Uhr

Am Sonntag hat die allgemeine Uhrenakrobatik der Zeitumstellung dem Biorhythmus mal wieder ordentlich Dampf gemacht.

Mit visionären Kräften begabte Dichter und Denker haben die Dramatik der herbstlichen Zeitenwende lange vor ihrer Einführung eindrucksvoll besungen. Noch zur Kaiserzeit erkannte Rainer Maria Rilke, dass es jetzt höchste Eisenbahn ist, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen.

Die seinen „Herbsttag“-Versen eingehauchte Panik lässt auch heute noch selbst die kaum zu emotionaler Überreaktion neigende heimische Landwirtschaft nicht kalt. Auch wenn die von Rilke besungenen Sonnenuhren für moderne Zeitspielchen zur allgemeinen Produktivitätssteigerung längst ausgedient haben und der Sommer nicht so „groß“ war wie anno 1902, ist die Endzeitstimmung unvermindert lebendig.

Am späten Freitagabend waren gleich zwei mit Flutlicht ausgestattete Monster-Traktoren im Wiesengrund an der Fuchsstraße damit beschäftigt, die letzten Grashälmchen abzusäbeln. Ihre Turbo-Mähwerke verteilten die armseligen Reste der mit Verdauungsprodukten ganzer Hundeheere angereicherten Vegetation großzügig über den Fuß- und Radweg. „. . . und auf den Fluren lass die Winde los“, heißt es bei Rilke. Inzwischen übernimmt diesen Job die Rund-um-die-Uhr-Landwirtschaft.

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