Eng und steil — Fürths schöne neue Fußballwelt

15.3.2012, 12:28 Uhr
Eng und steil — Fürths schöne neue Fußballwelt

© Zink

Auf dem vergilbten Schild am Zaun steht: „Betreten des Geländes verboten.“ Durch den Maschendraht sieht man Erdhaufen und braune Weiher, die davon zeugen, dass hier nach Altlasten gegraben wurde. Im Osten lugen der langgestreckte Firmensitz der Datev und die glitzernde Fassade des Hotels Pyramide über den Damm des Main-Donau-Kanals. Diesseits der Wasserstraße und der parallel dazu verlaufenden Südwesttangente begrenzen die Tucher Brauerei und ein Baumaschinenhandel die sieben Hektar große Fläche an der Johann-Zumpe-Straße, auf der in zwei Jahren ein Stadion stehen soll. Möwen kreischen. Man braucht noch etwas Fantasie, um sich die schöne neue Fürther Fußballwelt vorzustellen.

„Wir haben diesmal wirklich gute Chancen“, sagt Helmut Hack (62), Vereinspräsident der Spielvereinigung Greuther Fürth, „vorausgesetzt, wir bekommen das Grundstück.“ Eigentümer des Baulandes ist ausgerechnet der Namenssponsor des Ronhofs, Süßwarenhersteller Trolli. Die Verhandlungen sollen nach Recherchen unserer Zeitung nächste Woche fortgesetzt werden. „Wir sind auf einem guten Weg und schon sehr weit fortgeschritten", macht Trolli- Geschäftsführer Thomas Bauer den Fußballern Mut.

Anonymer Investor

Seit Jahren muss sich Hack fühlen wie der Besitzer eines Tante-Emma-Ladens, der von bunt blinkenden Supermärkten umzingelt wird. Mit wachsendem Unbehagen verfolgt er die rege Bautätigkeit der Konkurrenz in Aachen, Paderborn, Bielefeld, Dresden, Duisburg und auch bei den benachbarten Profi-Klubs in Bayern. In Augsburg wuchs ebenso eine moderne Arena aus dem Boden wie in Ingolstadt. Der TSV 1860 München war schon vorher mit dem FC Bayern in die schicke Leuchtschale nach Fröttmaning umgezogen, der Club hatte sowieso das Frankenstadion. Sogar in der Dritten Liga besitzen beziehungsweise planen inzwischen zwei Drittel der Klubs neue Arenen.

Der altehrwürdige Ronhof ist dagegen ein durch diverse Um- und Anbauten mehr schlecht als recht aufgehübschtes Provisorium. Die „ganz neue Stadionwelt“, von der Hack schon lange träumt, „die auch dann Menschen anzieht, wenn die Mannschaft in der Tabelle weiter hinten steht“, lässt sich dort nicht verwirklichen. „Was die Infrastruktur angeht, sind fast alle an uns vorbeigezogen“, bilanziert der Vereinsboss nüchtern.

Nun scheint die auf Aufstiegskurs befindliche Spielvereinigung nicht nur sportlich vor dem Durchbruch zu stehen: In dem Gewerbegebiet im Süden der Stadt könnte die zukunftsfähige Heimat des Kleeblatts entstehen. In Teilen hat diese Vision bereits konkrete Züge angenommen. So schwebt Holger Schwiewagner von der Fußball-GmbH des Kleeblatts „ein Stadion mit englischem Charakter“ vor – „eng und steil, mit vielen Stehplätzen“. Schwiewagner weiß, dass vielen Fans, die im Ronhof groß geworden sind, ein Umzug etwas leichter fällt, wenn sie so was hören. Natürlich soll es auch mehr VIP-Logen und „Business-Seats“ geben.

Wie schon im Ronhof ist geplant, dass die Kicker zur Miete einziehen. Trotz gestiegener Zuschauerzahlen, und trotz der satten Einnahmen im DFB-Pokalwettbewerb, ein inklusive Grundstück und Außenanlagen rund 35 Millionen Euro teures Fußballtempelchen mit 20.000 Plätzen könnten sich die Fürther ohne fremde Hilfe nicht leisten. Als Bauherr und Eigentümer will ein fußballbegeisterter Unternehmer aus der Region fungieren.

„Keine schnelle Rendite“

Schwiewagner sagt, manchmal müsse er sich kneifen, um zu glauben, was für eine Chance sich dem Kleeblatt gerade bietet. Der Marketing-Fachmann beschreibt den noch anonymen Investor als eine Art weißen Ritter. Die Konditionen, die dieser Gönner dem Fußball-Zweitligisten anbietet, sind anscheinend fast zu schön, um wahr zu sein.

„Das ist kein klassisches Investment, bei dem es um die schnelle Rendite geht“, frohlockt Schwiewagner. Die finanzielle Belastung fürs Kleeblatt sei bei Berücksichtigung aller Betriebskosten unwesentlich höher als im alten Ronhof. „Wir können uns das Stadion auch dann leisten, wenn wir nicht aufsteigen.“

Bevor der große Unbekannte auf den Plan trat, waren bereits mehrere Bauprojekte verkümmert. Beispielweise hatte Hack daheim in Vestenbergsgreuth das Modell einer Multi-Funktionsarena stehen, die dann aber doch nicht auf der Hardhöhe und auch sonst nirgends realisiert wurde. Wie immer in finanziellen Dingen scheute der Geschäftsführer eines Tee-Konzerns, der schon als Kind im elterlichen Textilgeschäft mit Bilanzen jonglierte, ein Risiko, das ihm nicht berechenbar genug erschien.

Die Schuldenlast, die manchen der neuen Stadionbesitzer an den Rand des Ruins brachte, gab ihm recht. Ein kompletter Umbau des Ronhofs scheitert wiederum am Zeitfenster. Der Pachtvertrag mit Conny Brandstätter, Sohn von Playmobil-Gründer Horst Brandstätter und Eigentümer des traditionsreichen Vereinsgeländes am Laubenweg, endet bereits 2029. Das erscheint Hack zu knapp für eine Investition in zweistelliger Millionenhöhe. Untätigkeit ist seiner Ansicht nach allerdings die schlechteste Alternative. „Wir dürfen die Entwicklung nicht verschlafen.“

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