Erfolg mit Pulverdampf und Seemannsgarn

4.11.2013, 18:00 Uhr
Erfolg mit Pulverdampf und Seemannsgarn

© Berny Meyer

Sein Blick ist wirr, die Gesten fahrig: Betrunken wankt Captain Jack Sparrow hin und her, er stolpert über die Bühne, lallt „Trinkt aus Piraten, yoho!“ Mit seiner filmischen Vorlage aus Disneys „Fluch der Karibik“ hat dieser Jack, gespielt von Ralph Prandl, ziemlich viel gemeinsam: Er teilt mit ihm die Vorliebe für Rum, Dreads und Augen-Make-up. Er trägt die gleiche Kleidung, die gleichen Stiefel, das gleiche Haarband. Nur eines kann dieser Jack besser: Er singt — und das ist sein größter Trumpf.

Es muss viel Mut und noch mehr Zeit gekostet haben, den Inhalt eines Hollywood-Blockbusters als Musical aufzubereiten. Die Sport-Tanz-Show (STS) Life, ein gemeinnütziger Verein aus Wachendorf, hat sich getraut und zog mit „He’s a pirate“ das Publikum in den Bann. Monatelang feilten Kinder, Jugendliche und Eltern an der Inszenierung, den Kostümen und Requisiten. Die passenden Lieder liefert die 21-jährige Nachwuchs-Komponistin Anna Waidhas, die mit der Musical-Musik ihre bisher größte kompositorische Aufgabe bravourös meisterte.

Möglich wurde das Mammut-Projekt erst durch die jahrelange Erfahrung, auf die die STS zurückgreifen kann: Seit 1992 bringt die Tanzgruppe regelmäßig Musicals auf die Bühne, darunter „Starlight Express“, „Cats“, „Tabaluga“ und „Greece“. Mit „He’s a pirate“ betritt die Musicalgruppe dennoch Neuland: Es ist die erste Eigenproduktion der STS, Musik und Tänze wurden eigens für das Stück entwickelt.

Das Symphonische Jugendblasorchester Stein stimmt unter der Leitung von Norbert Henneberger das Publikum auf den Premierenabend ein. Düstere Töne, Kettenrasseln und ein leiser Glockenton sorgen für atmosphärische Stimmung, während sich im Hintergrund ein mächtiger Schiffbug mit Gallionsfigur erhebt. Die Requisite beeindruckt mit realistischen Nachbildungen, aufwendigen Kostümen und viel Liebe zum Detail. Ebenso eindrucksvoll ist der erste Auftritt von Jack: Die Hauptfigur fährt auf einem Kahn, der an Schienen befestigt ist, durch die Zuschauerreihen. Ein Anblick, der für spontanen Applaus sorgt.

Die Musicaldarsteller stürzen sich in waghalsige Fechtszenen — sie kämpfen, sie schießen, fallen von der Reling ins Wasser. Eine actiongeladene Geschichte, die aber nie den Charme eines Kindermusicals verliert.

Während der Schwarzpulvergeruch durch die Stadthalle wabert, stimmen die Piraten Lieder an. Die Texte offenbaren die Seelenwelt der handelnden Personen, zeigen innere Konflikte auf. Elizabeth besingt das Gefängnis, in das sie sich wegen ihrer wohlhabenden Herkunft gesperrt fühlt: „Golden ist mein Käfig — Tag für Tag“. Diese Momente fehlen in der filmischen Vorlage und machen das Musical „He’s a pirate“ besonders.

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