Erinnerung an ein Steiner Imperium

25.10.2014, 13:00 Uhr
Erinnerung an ein Steiner Imperium

© Aslanidis

Wer weit in die Geschichte des Möbelimperiums Krügel zurückgeht, stößt unweigerlich auf die alte Sandsteinvilla, die inzwischen abgerissen ist und als Wahrzeichen des Einkaufszentrums wiederauferstehen soll.

Erinnerung an ein Steiner Imperium

© Archiv

Das Baujahr des einst imposanten Gebäudes lässt sich heute nicht mehr klären. Vermutlich war es 1888. Erbauer war nicht, wie vielfach angenommen, die Familie Krügel, sondern eine Familie Otto Pracht, die auf dem umgebenden Areal eine Baumschule unterhielt.

1920 erwarb Christian Krügel, der Vater von Wilhelm Krügel, der später maßgeblich das Möbelhaus prägen sollte, das Gelände samt Sandsteinhaus. Die Hungerwinter des 1. Weltkrieges waren den Menschen noch in lebhafter Erinnerung, durch den Kauf von landwirtschaftlichen Flächen und deren Bewirtschaftung sollte eine solche Not für alle Zukunft vermieden werden. Doch dann kam alles anders: Statt Felder zu bestellen, baute Christian Krügel dort eine Schreinerei, während seine Familie in der Villa wohnte. Die Gründe für die Entscheidung sind heute nicht mehr bekannt.

Der 1911 geborene Sohn Wilhelm erbte den Betrieb und ergriff nach dem 2. Weltkrieg die Gelegenheit, die Firma expansiv auszubauen. Gemeinsam mit seiner Frau Anna entwickelte er die Strategie, von Stein aus ganz Bayern mit seinen Möbelgeschäften zu erobern. 1965 besaß die Familie 25 Geschäfte mit 250 bis 500 Quadratmetern Verkaufsfläche. 1967 war das Unternehmen Möbel Krügel der größte Gewerbesteuerzahler der Stadt Stein und neben der Firma Faber-
Castell zugleich einer der größten Arbeitgeber.

Bekannter Werbeslogan

In den kommenden zwei Jahrzehnten setzte sich die Expansion fort. Zwar wurden die kleineren Häuser wieder geschlossen, doch stattdessen klotzte man mit Ausstellungsgrößen zwischen 5000 und 13 000 Quadratmetern. Auch am Stammsitz Stein wurde beinahe jährlich erweitert. Wer eine neue Wohnwand, ein Sofa oder eine Küche anschaffen wollte, kannte den Werbeslogan: „Der Weg nach Stein lohnt sich“.

In der Villa lebte die Familie Krügel inzwischen nicht mehr. Dort waren Wohnungen für leitende Angestellte untergebracht. Dementsprechend musste das Haus immer wieder nach deren Bedürfnissen umgebaut werden. Teils dienten einzelne Räume auch Verwaltungszwecken. Bis zum Schluss war dort die Hausmeisterwohnung zu finden. Auch nach der Schließung von Möbel Krügel sollte er in den teils vermieteten Gebäude nach dem Rechten sehen.

Bis vor zwei Jahren stand das Gründerzeitgebäude aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert noch unter Denkmalschutz. Der wurde jedoch aufgehoben, zu viele Eingriffe in bauliche Substanz, wie beispielsweise der Anbau eines Treppenaufgangs und eines Balkons, trugen zu der Entscheidung bei.

Was folgte, ist mutmaßlich das vorletzte Kapitel der Villa: der Abriss. Gerettet wurden einige wenige Sandsteine, mit denen das gut 125 Jahre alte Ziegelgebäude einst verblendet war. Der Investor aber möchte das Haus zum Markenzeichen des Forums machen und plant daher die Wiederherstellung der Villa. Durch sie müssen später alle, die im Parkdeck des Forums ihr Auto abstellen, um
zu Geschäften und Restaurants zu gelangen.

Die Steinerin, die sich mit der Firmengeschichte Krügel befasst, hofft dass die Rekonstruktion dem Original möglichst nahe kommt. Die Lebensleistung der Familie Krügel findet sie bislang zu wenig gewürdigt in der Stadt. An dem Nachbau wünscht sie sich zumindest eine Gedenktafel für die Verdienste des Unternehmens. Aufzuarbeiten gibt es in der Firmengeschichte noch einiges. Die Nachfahren haben ein Teil der alten Unterlagen dem örtlichen Heimat- und Kulturverein der Stadt überlassen. Sie systematisch zu ordnen und damit ein Stück Stadtgeschichte zu bewahren, ist eine Aufgabe, für die sich noch niemand gefunden hat.

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