Ernte 2018: Wohin mit all dem Obst?

2.9.2018, 16:00 Uhr
Ernte 2018: Wohin mit all dem Obst?

© Thomas Scherer

Wenn Martin Kreß den Blick über seine Streuobstwiesen schweifen lässt, sieht er vor allem eines: Äpfel, Birnen und Zwetschgen, die dicht nebeneinander an den Bäumen hängen oder bereits am Boden liegen — als hätten sie ob der Fülle schon kapituliert. Bei manchen seiner Obstbäume musste Kreß schon Hilfe leisten und ihre schwer gewordenen Äste abstützen. Sie drohten, durch das Gewicht der Früchte abzubrechen.

Obwohl der Gedanke naheliegt, dass sich Kreß unbändig über die reiche Ernte freut, ist dem nicht unbedingt so. Zwar ist es ihm als Schnapsbrenner natürlich recht, dass er genügend Obst zur Verfügung hat, um daraus Alkohol zu gewinnen. Nur die Qualität überzeugt ihn heuer nicht so ganz.

Viele Äpfel und Birnen seien schon früh von den Zweigen gefallen, erzählt Kreß, andere hätten sich nicht richtig entwickelt und seien nicht ausgereift. Schuld daran? Die Trockenheit im Sommer. "Bekommt ein Baum kein Wasser, setzt er quasi seinen Notfallplan in Kraft", weiß Kreß, der schon Ende der 80er Jahre Streuobstwiesen anlegte — in einer Zeit, in der es eigentlich im Trend lag, diese abzuholzen. Dann steckt das Gehölz seine Kraft nicht mehr in die Früchte, sondern setzt alles daran, die Dürreperiode zu überleben.

Die Folge: Das Aroma leidet, die Frucht enthält weniger Zucker als normal. Und das ist schlecht für die Maische, also die zerdrückten Früchte, denen Säuren und Hefen zugesetzt wurden, damit daraus nach einer gewissen Zeit das Destillat entsteht.

Ernte 2018: Wohin mit all dem Obst?

© Thomas Scherer

Zehn bis 15 Fässer Schnaps aus Äpfeln, Birnen und Zwetschgen, aber auch aus Quitten und Schlehen erzeugt Kreß, maximal brennt er aus dem Ertrag seiner 110 Obstbäume mit teils alten Sorten 300 Liter reinen Alkohol.

So richtig rund geht es in Kreß’ Mühle in Buchschwabach, die seit 1689 in Familienbesitz und in der seit einigen Jahren auch eine Galerie untergebracht ist, aber noch nicht. Ende September wird er damit beginnen, mit Unterstützung seiner Familie das Obst zu verarbeiten. Bis zu den ersten Frösten wird das dauern, die noch ein wenig zusätzliche Süße in die Früchte bringen. Frühestens in zwei Jahren, wenn der Schnaps seine Reifezeit beendet hat und in den Verkauf geht, kann er dann bei der Verkostung an den Sommer 2018 erinnern. Und an dessen Rekordobsternte.

Johannisbeeren, Himbeeren, Heidelbeeren, Stachelbeeren und Brombeeren: Ein Großteil dieser süßen Früchtchen sind im Hofladen Lindenhof, zwischen Ammerndorf und Cadolzburg gelegen, bereits in Gläsern verschwunden. Und zwar in Form von Marmelade.

Rund 600 Stück hat Tina Paulus diese Woche bearbeitet. Sie hat dekorative Stoffe über die Deckel gespannt, ein Schleifchen darumgebunden und passende Etiketten aufgeklebt. Nun warten die Aufstriche im Regal auf Kunden. Nein, nicht nur die Bäume haben viele Früchte getragen, auch den Beeren ist das milde Frühjahr und der warme Sommer gut bekommen, weiß Paulus, die den Hofladen gemeinsam mit ihrer Mutter betreibt.

Dass die beiden heuer so viele Beeren zur Verarbeitung bekamen, hatte aber noch einen anderen Grund: das Freibad. Dorthin zog es im heißen August nämlich vor allem Familien. Diese blieben dann wiederum dem Huckepack-Hof in Hüttendorf fern, wo man Obst und Gemüse direkt vom Strauch oder Feld ernten kann. Damit die Beeren nicht sprichwörtlich am Busch verdorrten, bekam der Lindenhof die verschmähten Früchte.

Um der Zwetschgenschwemme Herr zu werden, probierte Tina Paulus ein neues Rezept aus: Zwetschgen-Chutney mit Gewürzen, Rosinen und Tomaten, das sich besonders gut zu Fleisch macht. Gut angekommen ist die Alternative zur klassischen Grillsauce; bald will Paulus noch mehr davon einkochen. Zwetschgen finden sich aber, ebenso wie viele andere Früchte, derzeit auch auf den Kuchen, die der Laden verkauft. 20 bis 30 Stück sind es am Wochenende, unter der Woche immerhin zehn am Tag. Selbstredend, dass sich unter einer Decke aus Streuseln, Pudding oder Marzipan derzeit jede Menge Obst versteckt.

PDie Handynummer, unter der man einen Termin zum Mosten in Roßtal ausmachen kann, ist zurzeit oft belegt. Am 11. August wurde sie aktiviert, eine Woche früher als sonst. Und Werner Wiesinger hat noch eine Zahl, die belegt, dass die Ernte in diesem Sommer außergewöhnlich war: Bereits am ersten Samstag, an dem die Saftpresse angeschaltet war, ist mehr Most produziert worden als in knapp zwei Augustwochen im Vorjahr, als der späte Frost im Frühjahr die Obstblüte schwer geschädigt hatte, erzählt Wiesinger. Er ist seit zehn Jahren beim Roßtaler Gartenbauverein für das Mosten zuständig. Und die Ausbeute könnte noch weit umfangreicher werden. "Im Moment bringt beinahe jeder mehr Äpfel oder Birnen vorbei, als er vorher angemeldet hat", sagt er. Zeit, in der er und seine drei Kollegen zwischendurch eine Tasse Kaffee genießen können, bleibt da kaum.

Recht süß empfindet er den Most heuer — zumindest dann, wenn die Äpfel richtig reif waren. Etwas kleiner als sonst fallen sie allerdings aus; viel Saft geben sie trotzdem. Das hat auch Walter Schatz schon festgestellt, als er in diesen Tagen einige Kilo Äpfel in der Mosterei verarbeitet hat. Dort bekommt übrigens jeder den Most von seinen eigenen, angelieferten Äpfeln — weshalb die Kundschaft sogar aus der Fränkischen Schweiz anreist. Schatz, zweiter Vorsitzender des Roßtaler Gartenbauvereins, wird seinen Saft allerdings weiterverarbeiten zu Cidre oder Essig.

Gemostet wird noch ungefähr bis Ende Oktober, zum Schluss kommen die Quitten dran. Sie brauchen allerdings eine aufwendigere Vorbehandlung und können wegen ihres besonderen Geschmacks auch nicht zwischen Äpfeln oder Birnen verarbeitet werden. Wie ihr Ertrag heuer ausfallen wird? "Die Blüte sah vielversprechend aus", sagt Schatz, der sich aber nicht zu einer genaueren Prognose hinreißen lassen will. Schließlich kennt auch er das alte Sprichwort, das besagt: "Man soll die Ernte erst loben, wenn sie in der Scheune ist."

Wer sein Obst in die Roßtaler Mosterei bringen möchte, kann unter der Rufnummer (01 60) 6 96 62 89 einen Termin vereinbaren.

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