Es ist angerichtet

11.5.2016, 18:23 Uhr
Es ist angerichtet

© Foto: Budig

Kochen ist Frauensache – gewesen. Wir Westeuropäer müssen gar nicht mehr am Herd stehen, um satt zu werden. Wir gehen ins Restaurant, kaufen Fertiggerichte, nehmen am Imbissstand etwas mit, lassen liefern. Es gibt die Gegenbewegung, in Kochshows zelebriert, und das bewusst feine, regionale Menü. Aber sind Kochen und die familiäre Tafel noch Alltag – oder längst ein gelegentlicher Event?

Andererseits: In anderen Teilen der Welt, in Asien und Afrika etwa, wächst oft nicht mehr genug zum Familien sättigenden Kochen. Es kann aber auch geschehen, das Essenszubereitung ein Hoffnungsschimmer ist für das Einkommen ganzer Familien: Ein eindrucksvolles Fotoplakat mit der Installation einer Straßenküche in Hanoi liefert dazu die museale Illustration. Ein gutes Zeichen: Die Unternehmerinnen, die auf engstem Raum überm Kohlegrill schuften, verdienen immerhin überdurchschnittlich.

Kritische Überlegungen sind das eine, die Umsetzung in Bilder, Zeichen, Kunst ein andres: Die Darstellung komplexer Sachverhalte scheint eine der Stärken der Museumsmacherinnen zu sein. Das hat sich seit Sonderausstellungen wie der „Kulturgeschichte des Kopftuches“, „Kriegssocken & Peacemakerinnen“ „Gewonnene Jahre“ (über alternde Frauen, eine Schau, die ins Meraner Frauenmuseum weitergewandert ist und dort viel Beachtung findet) gezeigt. Für „ausgekocht“ hat Michaela Schneider stimmungsreiche Fotos von ihren Reisen vor allem durch Asien mitgebracht, die Grafikerin Elisabeth Bala ist eine Garantin für Flyer und Ausstellungsmomente mit Aha-Effekt. Irritierend der fluoreszierend gefüllte Kühlschrank, die Fotowürfel namens „Versorgungskochen“, die wie Störfaktoren im Raum stehen.

Fränkische Werkzeuge

Bezaubernd sind die kleinen Wandskulpturen „Frauen/Männer essen anders“ von Flores Tardio. In einer Ecke illustriert eine südamerikanische Straßenküche, dass Tortilla & Co ohne Mikrowelle und Dosenmais auskommen können. Was man wiederum alles braucht, um fränkische Kartoffeln zu verarbeiten, zeigt eine locker von einem Gitter hängende Werkzeug-Sammlung.

Die Bilder und Ausstellungs-Szenarien, das ist gewollt, begegnen den vielfältigen Assoziationen, die Besucherinnen und Besucher zum Thema Kochen mit sich herumtragen. „Soziale Komponenten, Hierarchien bei Tisch, wer darf dabei sein“, solche Fragen, wie sie Fürths Kulturreferentin Elisabeth Reichert in ihrer Eröffnungsrede ansprach, knüpfen direkt an die museumspädagogischen Absichten an.

Die emeritierten Hochschullehrerinnen Gaby Franger und Gudrun Cyprian haben den Verein „Frauen in der Einen Welt“ einst gegründet und für ihre Ausstellungsideen, die „historisch, aktuell, international und regional“ sein sollten, anfangs wechselnde Orte gesucht. Seit zehn Jahren sind sie im historischen Marstall neben dem Burgfarrnbacher Schloss beheimatet, wo auch das Rundfunkmuseum seinen Anfang nahm. Außer den Räumen gibt’s von der Stadt Fürth noch ein kleines Budget, doch für angestellte Mitarbeiterinnen und hauseigene Kuratorinnen reicht es nicht.

Das ausschließlich ehrenamtliche Arbeiten hat dennoch der Qualität nichts anhaben können. Es ist ein Vergnügen, diese Schau zu betrachten, und die beabsichtigte gedankliche Auseinandersetzung folgt dem Staunen, Freuen und manchmal Entsetzen auf dem Fuß.

Siehe „Fürther Kunststücke“ auf dieser Seite. Die nächsten Veranstaltungen: Heute (18 Uhr) „Gemeinsam kochen — gemeinsam essen“, Gespräch über neue Tischgemeinschaften mit dem Museumsteam (Eintritt frei). 22. Mai (11-17 Uhr) Internationaler Museumstag: Original der handgeschriebenen Rezeptesammlung des Stadtarchivs Fürth mit Rezepten aus dem 18. und 19. Jahrhundert sowie Führung rund um die Kartoffel mit Kostprobe der Kartoffelspeise Nr. 229: „Erdäpffel Koch zu machen“ (15 Uhr). Am 25. Mai (17-20 Uhr) ist Marion Reinhardt („Wilde Möhre“) zu Gast mit der Wildkräuterküche im Schlosspark und grünem Buffet (17 Euro zzgl. Material, mit Rezepten, Anmeldung bis 22. Mai unter Tel. 7 41 99 84). Weitere Infos unter www.frauenindereinenwelt.de

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