EU wirbelt Fürther Busbetrieb durcheinander

15.1.2018, 06:00 Uhr
EU wirbelt Fürther Busbetrieb durcheinander

© Foto: Günter Distler

Für den Fahrgast ändert sich nichts, sagen infra-Verkehrschef Klaus Dieregsweiler und der städtische Verkehrsplaner Matthias Bohlinger. Und falls doch, dann wohl zum Besseren, fügen sie hinzu, räumen aber ein, dass sie nicht alle Risiken und Nebenwirkungen der ÖPNV-Neuordnung abschätzen können.

Zum Verständnis: Städte und Landkreise müssen in Deutschland dafür sorgen, dass Menschen mit öffentlichen Verkehrsmitteln befördert werden. Öffentliche Daseinsvorsorge nennt sich das im Verwaltungsdeutsch. In Fürth organisiert bisher das kommunale Tochterunternehmen infra mit seiner Sparte Verkehr den ÖPNV - nach Vorgaben aus und in Absprache mit dem Rathaus. Die Regierung von Mittelfranken hat in der Vergangenheit auf Wunsch der Stadt regelmäßig die infra mit der Aufgabe betraut.

Mit der EU-Verordnung 1370/2007 hätte sich das nun ändern können. Sie fordert im Sinne von mehr Wettbewerb und Transparenz eine öffentliche Ausschreibung der Dienstleistung, so Bohlinger, lässt aber mit Blick auf die Vorteile bewährter Strukturen auch die sogenannte Direktvergabe zu.

Fürth geht nun, wie laut Dieregsweiler fast alle Kommunen hierzulande, den letzteren Weg. Der Stadtrat hat sich vor Weihnachten einstimmig dafür ausgesprochen. Das bedeutet: Auch in Zukunft soll die infra und kein anderer regeln, welche Buslinien es gibt, wie viele Fahrzeuge in welchem Takt pendeln... Der Stadtrat hat mit seiner Entscheidung verdeutlicht, dass er nicht auf die infra verzichten will, weil sie den ÖPNV zuverlässig organisiert und weil sie als städtische Tochter der Mutter über einen steuerlichen Querverbund finanziell nutzt.

Keine Kleinigkeit vergessen

Ab 3. Dezember 2019 greift die Neuregelung. 18 Monate vor dem Stichtag muss die Stadt die Direktvergabe europaweit öffentlich bekannt machen – mit einer Art Leistungsverzeichnis, wie Dieregsweiler sagt, in dem keine Kleinigkeit vergessen werden dürfe. Sonst käme vielleicht doch ein externer Anbieter zum Zug.

Weil vieles, was benachbarte Verkehrsunternehmen wie VAG (Nürnberg) und infra bisher miteinander ausgehandelt haben, nun "auf die Städte-Ebene verlagert wird" (Bohlinger), sind sämtliche vorhandenen Vereinbarungen und Verträge zu durchleuchten und auf ein neues juristisch wasserdichtes Fundament zu stellen. Ein Arbeitskreis Direktvergabe wurde gebildet, dem Vertreter des Rathauses und der infra ebenso angehören wie externe Berater.

Nach den Schilderungen von Bohlinger und Dieregsweiler kommt - auch vor dem Hintergrund eines kommunalen Gebietsschutzes - alles auf den Prüfstand. Zu klären ist demnach etwa, ob VAG-Beschäftigte weiterhin auf dem Betriebshof der infra in Fürth Busse reparieren dürfen oder nicht, wie man den Einsatz von Fahrzeugen beider Firmen auf gemeinsamen Linien wie der 67 künftig verrechnet und ob es für Nürnberg, Fürth und Erlangen auch noch Ende 2019 eine gemeinsame Serviceleitstelle zur Verkehrsüberwachung gibt. Falls nicht, müsste Fürth eine eigene Leitstelle einrichten und, zumindest vorübergehend, Parallelstrukturen aufbauen.

Was das kostet? Dieregsweiler schätzt vorsichtig, dass allein die bisherigen "Lösungsentwicklungen" Stadt und infra einen mittleren sechsstelligen Betrag abverlangen. "Wir betreten hier Neuland und das bindet viele Ressourcen." Er und Bohlinger versichern: "Wir tun alles, damit der Fahrgast keine negativen Auswirkungen spürt." Und: Die Umstrukturierung ziehe definitiv keine teureren Fahrpreise nach sich.

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