FabLab: Hightech-Werkstatt soll Schüler erfinderisch machen

27.3.2016, 16:00 Uhr
FabLab: Hightech-Werkstatt soll Schüler erfinderisch machen

© Fotos: Michael Matejka

Wer James-Bond-Filme mag, kennt "Q", den Quartiermeister und Waffenschmied des 007-Agenten in Diensten seiner Majestät, der Königin. "Q", das verschrobene Genie, hat in seinem geheimen Laboratorium den schießenden Kugelschreiber erfunden und Autos, die Raketen abfeuern können, Uhren, die anders ticken, sowie Computer, an denen sich fast alles programmieren lässt, was sich irgendwo auf dem Erdball bewegen soll.

Eine solche Schmiede hat zweifellos ihren Reiz, denn in ihr werden Dinge zum Leben erweckt, die es noch nicht gibt. Und sie könnte bald die Traumwelt von Hollywood verlassen und ganz real in das Gebäude der Veitsbronner Mittelschule einziehen, auch wenn dafür noch eine ganze Menge Arbeit zu leisten ist. Denn nicht irgendein technik-affiner Einzelgänger soll sich hier austoben können, sondern alle interessierten Schüler aus dem Landkreis auf dem Weg in den Beruf, die sich an neuesten Hightech-Geräten ausprobieren und ihrem Erfindergeist freien Lauf lassen wollen.

Unternehmen sind fasziniert

"Alles Wissen hier bündeln und Neues entwickeln", das schwebt Jochen Vogl aus Veitsbronn-Retzelfembach vor. Der 56-Jährige, der freilich in friedlicher Mission unterwegs ist und keineswegs an die Fertigung von Waffen denkt, ist der Faszination erlegen, dass Jung und Alt gemeinsam ihre technischen Stärken nutzen, um durch kostenlosen Zugang zu sündteuren Elektronik-Geräten Entwicklung und Forschung voranzutreiben. Entstehen sollen Produkte, die auch die heimische Wirtschaft erfreuen.

FabLab: Hightech-Werkstatt soll Schüler erfinderisch machen

Maschinenantriebe aus dem 3D-Drucker etwa, moderne Bauteile, die sich schnell und günstig fertigen lassen, T-Shirts aus der Stoffpresse, Kunststoffschachteln, die der Laser fräst, der wiederum seinen Auftrag vorher per Computer erhalten hat. . .

Vogl ist kein freundlicher Spinner, der zu viele Agententhriller genossen hat, sondern ein gelernter Feinwerktechniker und Diplomingenieur, der sich nach seiner weltweiten Tätigkeit für die Firma Grundig jetzt ehrenamtlich in einer Zukunftswerkstatt engagiert, die es bereits gibt — im "FabLab" in Nürnberg.

Das "Fabrication Laboratory", das Fabrikationslabor im zweiten Stock der früheren Fertigungshallen von AEG in der Muggenhofer Straße, ist nach dem Vorbild amerikanischer Wissenschaftler entstanden, die, ganz der demokratischen Vorstellung verhaftet, auch Privatleuten den Umgang mit modernen Fertigungstechniken wie CNC-Fräse, Drehbank oder Folienschneider ermöglichen. FabLabs werden, so auch in Nürnberg, von Vereinen aus der Taufe gehoben. Vogl ist dort Mitglied, gibt bereits Kurse für Jungen und auch Mädchen der nahen Geschwister-Scholl-Realschule und seit vergangenem Jahr ebenso an der Mittelschule in Veitsbronn.

Getränk fährt heran

Einen Getränkeautomaten haben zum Beispiel die Nürnberger Realschüler gefertigt, aus einer simplen Wäschetrommel und einer Unmenge an Kabeln und winzigsten Elektronikbausteinen. Jetzt fährt der rollende Softdrink-Spender in der Pause durch die Mensa, und wer Durst hat, ruft ihn per Handy zu sich und wählt auch gleich per Taste zwischen Limo, Wasser oder Cola aus.

FabLab: Hightech-Werkstatt soll Schüler erfinderisch machen

© Michael Matejka

Streikt bei Vogls daheim in Retzelfembach die Kaffeemaschine, beschafft der Ingenieur das kaputte Teil selbst: Im Nürnberger FabLab zeichnet er am Computer die benötigte Form vor, einige Sekunden später rattert der 3D-Drucker und gießt aus hauchdünnen Kunststoffschichten das perfekte Ersatzteil.

Abgebrochene Rädchen von Spülmaschinen-Körben sind ebenfalls beliebte Muster, die Väter und Söhne gerne für ein paar Euro im FabLab rekonstruieren und sich so den teuren Kundendienst sparen. Wer sich auf Anhieb für die fiependen, blinkenden, manchmal quietschenden und ratternden Apparaturen begeistert, wird rasch Mitglied im Verein oder kommt öfter zum Basteln. Vielleicht auch nur, um dort am einladenden Tischkicker zu drehen oder eine gute Tasse Kaffee zu schlürfen.

Von den Mitgliedsbeiträgen wiederum werden neue Gerätschaften angeschafft, manchmal erhält das FabLab auch Schrauben, Kabel oder Platinen nach einer Geschäftsauflösung. Nicht selten schauen Vertreter großer Industriebetriebe oder Autobauer vorbei, um die Erfindungen zu inspizieren — und den Tüftler gleich mit. Im rohstoffarmen Deutschland sind große und kleine Einsteins gefragt wie nie.

FabLab: Hightech-Werkstatt soll Schüler erfinderisch machen

Die Datev zum Beispiel ließ hier ein Maskottchen fertigen. Genial ist auch die Uhr, die vor Jahren in einem FabLab erfunden wurde. Ein elektronischer Gelenkarm schreibt mit einem Filzstift zu jeder vollen Minute die Zeit auf eine kleine Kunststoffplatte. Nach einer dreiviertel Minute wischt der ferngesteuerte Arm die Ziffer wieder weg, um 15 Sekunden später die neue anzuschreiben. In Internet-Videos ist dieser "Arduino" der Hit.

Landrat Matthias Dießl ist von Vogls Vorhaben, ein FabLab im Kreis Fürth zu eröffnen, genauso begeistert wie Veitsbronns Bürgermeister Marco Kistner. Beide sicherten dem Ingenieur ihre Unterstützung zu, Kistner besuchte bereits das Nürnberger Laboratorium. Der Aufbau der rund 45.000 Euro teuren Einrichtung soll zur Hälfte aus dem Leader-Programm finanziert werden. "Schüler können hier erste Erfahrungen mit der Berufswelt machen und ihren Weg finden. Herr Vogl hat uns überzeugt", sagt Leader-Managerin Anne Kratzer.

Landrat packt mit an

Der Landrat hat bereits Kontakte zur heimischen Wirtschaft hergestellt. Und Bürgermeister Kistner sagte zwei Schulräume in Veitsbronn ab September für das "FabLab Landkreis Fürth" zu, die zwei Jahre mietfrei zu nutzen wären. Voraussetzung ist jedoch, dass der Umbau in Langenzenn fertig wird, damit die Mittelschule in die Zennstadt übersiedeln kann.

Am 31. Mai tagt der Steuerkreis für die Leaderprojekte wieder. Wenn das FabLab dann den Zuschlag erhält, könnte es also im Herbst losgehen mit Schrauben, Drucken, Fräsen und jeder Menge mehr.

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