Flüchtlingshelfer müssen keine Einzelkämpfer bleiben

18.10.2017, 09:00 Uhr
Flüchtlingshelfer müssen keine Einzelkämpfer bleiben

© Foto: Ulrich Schuster

Die Flüchtlingswelle ist abgeebbt. Angekommen sind in Fürth in den vergangenen Jahren Menschen aus Krisengebieten, aber auch ganz normale Migranten, die nicht um Asyl bitten müssen. Sie haben heute Kleidung, Wohnung, einen Job oder eine Ausbildung. Viele haben den schlimmsten Ämterkram hinter sich und verfügen über ausreichende Deutschkenntnisse. Sind sie aber auch wirklich "angekommen" in der Gesellschaft? Zeit und Begleitung sind dafür nötig. Diese Zeit nehmen sich ehrenamtliche Integrationsbegleiter. Doch damit ihnen die Hilfe gelingt, brauchen sie mehr als guten Willen und Initiative, sie brauchen eine Schulung. Diese erteilten ihnen Ute Zimmer und Anna Kampen vom Freiwilligenzentrum Fürth (FZF).

Was ein Integrationsbegleiter alles wissen muss, steht in einem dicken Ordner, einem "Curriculum", das die Landeszentrale für bürgerschaftliches Engagement zusammengestellt hat. Da nicht alles darin auf Fürther Verhältnisse zutrifft, haben die FZF-Leiterin Ute Zimmer und ihre Mitarbeiterin Anna Kampen lediglich eine Auswahl an Wissens- und Beherzigenswertem herausgegriffen und dies in 18 Stunden an zwei Wochenenden ihren ehrenamtlichen Helfern vermittelt.

Dabei geht es nicht allein darum, den Helfern die verschiedenen kulturellen Hintergründe der Geflüchteten näherzubringen oder Lichtschneisen in den Behördendschungel zu schlagen. "Es geht auch darum, die Integrationsbegleiter vor Frustration und Burn-out zu bewahren", erklärt Anna Kampen. "Viele Flüchtlingshelfer sind als Einzelkämpfer unterwegs, sie bringen hohe Motivation und guten Willen mit, aber das allein reicht nicht unbedingt. Was die Helfer brauchen, ist ein Netzwerk, den Erfahrungsaustausch untereinander und eine Beratungsstelle, wenn sie einmal selbst nicht mehr weiter wissen."

Auch Syrer beraten

Das gute Dutzend an Integrationsbegleitern ist alters- und geschlechtermäßig gut gemischt. Viele stammen aus Fürth und Umgebung, aber auch drei junge Männer aus Syrien sind dabei. Seit zwei Jahren leben sie in Deutschland und haben sich in dieser kurzen Zeit beachtenswert gute Deutschkenntnisse angeeignet. Nun wollen sie ihre Landsleute beraten, vor allem zur Schulbildung ihrer Kinder.

Aber nicht nur um sie geht es. Auch in Altersheime wollen die jungen Syrer gehen, den Kontakt mit den alten Menschen suchen. "Das ist etwas, was die Menschen aus dem arabischen Kulturraum gar nicht kennen" erläutert Kampen, "das Wort ,Ehrenamt‘ ist dort unbekannt." Da gehören die Alten zur Großfamilie dazu, die werden umhegt und versorgt, und wenn es nur der Cousin vom Cousin ist. Alle sind dort eingebunden in die Sippe.

Umso mehr wollen die Syrer auch den Alleinstehenden helfen, und sei es nur durch einen Besuch im Altenheim. Wenn das Deutsch nicht ganz ausreicht, ist das nicht so schlimm, Hauptsache, die alten Menschen haben jemanden, der ihnen zuhört. Und schließlich haben die drei jungen Männer aus Syrien soviel Gutes in Fürth erfahren, dass sie aus Dankbarkeit etwas von all dem Guten zurückgeben wollen.

Es gibt auch noch andere Motive, die die ehrenamtlichen Integrationshelfer anspornen. Ein älterer Herr bringt es bei der Zertifikatsübergabe auf den Punkt: "Ich will ein erfülltes Alter. Wenn einer nichts mehr tut, dann ist er tot."

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