Fränkisch gewürzt: Comödie hat "Floh im Ohr"

26.4.2015, 21:00 Uhr
Fränkisch gewürzt: Comödie hat

© Foto: Ralf Rödel

Vier Türen bietet das Bühnenbild des Stundenhotels „Zur flauschigen Miezekatze“. Vier Türen, geschaffen zum Aufreißen und zum Zuknallen, Türen, aus denen immer wieder ein unerwarteter oder heiß ersehnter oder gar befürchteter Neuzugang tritt, der die personelle Gemengelage auf der Szene aufs Neue durcheinanderwirbelt. Dazu noch ein Vorhang.

Doch der größte Hingucker (neben Michelangelos David und der Venus von Milo) ist das rotierende Bett. Betritt jemand die Szene, der nicht hierhergehört, rettet sich sein Gespons aufs Rundbett, das ihn per Drehung durch die Wand entführt, um in aller Leere und Unschuld seine zweite Hemisphäre darzubieten — oder gar einen neuen Gast auf den Daunen.

Rasante Mechanik

Klingt ein bißchen antiquiert? Vom Rahmen her vielleicht. Doch Georges Feydeau (1862 — 1921) gilt nicht umsonst als einer der spritzigsten Komödiendichter der Belle Epoque. Sein „Floh im Ohr“ erfreut sich heute noch an großen Bühnen hoher Popularität. Dies verdankt sich seiner rasanten dramatischen Mechanik. „Ständig passiert etwas, Schlag auf Schlag“, erläutert Regisseur und Mitspieler Martin Rassau die Dramaturgie, „es kommt gar nicht auf das Türenschlagen als solches an, sondern auf die Vorerwartung, auf die Spannung: was passiert als nächstes?

Denn sobald einer von der Bühne abgeht, tritt sofort durch die andere Tür die nächste Figur. Im Grunde haben alle Boulevard-Autoren von Feydau gelernt.“ Dass dies exaktes Timing erfordert, ist klar. Ebenso einen straffen Dialog. Sogar eine Nobelpreisträgerin wie Elfriede Jelinek hat sich der deutschen Übertragung des Stückes angenommen. Doch Heissmann und Rassau übernahmen nicht Jelineks Version, sondern wollten ein verfränkeltes Stück.

Deutlich gestrafft

Hierfür verfasste die gebürtige Wienerin und angelernte Fränkin Stephanie Schimmer, die bereits zweieinhalb Jahre am Staatstheater Nürnberg zugebracht hatte, für die Comödie eine Neufassung: „Neben der Färbung mit fränkischem und wienerischem Zungenschlag — ich spiele die Hotelbesitzerin Mizzi Katz — habe ich einige Rollen gestrichen und andere Figuren miteinander fusioniert. Denn auf unsere Bühne passen nun mal kaum mehr als neun Schauspieler auf einmal, und dabei nutzen wir jeden Quadratzentimeter. Durch die Einsparungen musste ich manche Szenen umschreiben bzw. neu dazudichten, damit die Geschichte trotz der personellen Lücken funktioniert. Im Original dauert das Stück drei Stunden, ich habe es auf zwei Stunden gestrafft, denn im Originaltext wiederholen sich viele Informationen.“

Was ist denn eigentlich los? Fürth um 1900: Die Ehe der Hofbauers (Volker Heißmann und Angélique Verdel) ist in Gefahr. Der Gatte trägt sein Scherflein zur ehelichen Lustbarkeit nicht mehr bei, die Gemahlin wittert eine Gespielin bei der „Flauschigen Miezekatz“ an Nürnbergs Frauentorgraben. Ein Liebesbrief soll den Herrn Gemahl in die Falle locken, doch der schickt seinen besten Kumpel (Martin Rassau). Nun entwickelt sich ein Sturm der Verwechslung, Verdächtigung und Entrüstung, dass die Fetzen fliegen. . . Dabei ist doch gar nichts passiert. Oder?

„Eben darum geht es bei Feydeau“, erläutert Stephanie Schimmer. „Jede Figur schleppt einen kleinen Charakterfehler mit sich herum. Den versucht sie zu übertünchen, doch gerade dadurch wird alles nur viel schlimmer.“

Trotz aller Kürzungen und Straffungen sind sich Heißmann, Rassau und Schimmer sicher: Die Neufassung ist ganz im Sinne Feydeaus. „Ich bin ja vom Originalstück ausgegangen“, erzählt Stephanie Schimmer, „ich hatte keine deutsche Übersetzung herangezogen.“

Ja, und was passiert denn nun im Etablissement „Zur flauschigen Miezekatze“? Nackige Szenen gibt es nicht zu bewundern, wohl aber Darsteller, die in historischer Unterwäsche und verruchten Korsagen, mit denen sich unsere Urgroßeltern in Wallung brachten, ihr Letztes geben. Allein dieser Anblick dürfte das Publikum zu ungeahnten Gefühlsausbrüchen hinreißen.

„Dabei haben wir ja schon Erfahrung mit Feydeau“, sinniert Martin Rassau. „In den Neunziger Jahren hatten wir zwei Einakter von ihm gebracht: „Herzliches Beileid“ und „Lauf nicht immer splitternackt herum.“

Premiere am Dienstag, 28. April, 19.30 Uhr in der Comödie. 25 Vorstellungen bis 5. Juni.

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