Fulminanter Feinschliff

23.9.2017, 18:33 Uhr
Fulminanter Feinschliff

© Foto: Markus Kohler

Was die Harfenistin Magdalena Gosch, den Flötisten Hironaru Saito, Cellist Florian Bischof, Bassist Peter Christof und Yara Linss verbindet, ist die Liebe zu zeitgenössischen Kompositionen und der Wille zum Optimum. Mit Mittelmäßigkeit lassen es ihre Interpretationen nicht bewenden. Der Feinschliff lässt die Werke funkeln und nimmt ihnen den Mief des Bemühten. Frisch und unverkrampft schöpfen die Musiker aus einer schier unbegrenzten Palette von Klangfarben. Der Ensembleklang wirkt dabei wie aus einem Guss. Nahtlos gehen die unterschiedlichen Instrumente ineinander auf: homogen in der Artikulation, souverän auch in harmonisch und rhythmisch vertrackten Passagen, zauberhaft im Spiel mit den Tempi und der Lautstärke. Schon die Vielfalt der musikalischen Genres lässt keine Langeweile aufkommen.

Das reicht von einer modernen Adaption mittelalterlicher Liedkunst über vertonte Lyrik von Rainer Maria Rilke, Else Lasker-Schüler und Emily Dickinson bis hin zu noch fast druckfrischen Werken des Gitarristen Christoph Müller und der jungen Münchnerin Rebecca Trescher. Es sind Stücke, die für das Ensemble maßgeschneidert scheinen. Doch diese Vertrautheit ist Ergebnis einer intensiven Auseinandersetzung mit der Materie.

Mit Leben erfüllt wird die Musik vor allem durch die ausdrucksstarke Sängerin, die keine Nuance dem Zufall überlässt und dabei immer noch locker und unverkrampft agiert. Authentisch in allen Facetten und bedingungslos präsent verleiht Yara Linss den Stücken eine emotionale Tiefe, die zum Verständnis dieser Musik gute Dienste leistet. Das alles wird mit einer gehörigen Prise Humor gewürzt und mit der Leichtigkeit des Seins garniert.

Die beiden Streicher übernehmen virtuos auch die Funktion des Perkussionsapparats. Der Flötist agiert zugleich als Erweiterung wie als Kontrast zur Singstimme. Das wird schon gleich zu Beginn deutlich, als das Instrument quasi aus der Stimme hervortaucht, um erst dann Eigenleben zu entwickeln. Für aparte Klangeffekte sorgt die Harfenistin.

Mühelos werden freie Tonalität und Metrik eingebunden in das klar definierte Vokabular klassischer Kompositionstechnik. Die Bildhaftigkeit der als buntes Kaleidoskop aktueller Musik präsentierten Kompositionen ist kaum zu übertreffen. Matthias Schullers Vertonung von Rilkes Hommage an den archaischen Torso Apollos wird selbst zur Skulptur. Gemeißelt von rhythmisch diffizilen Pattern der Begleitinstrumente und stereotypen Linien von Singstimme und Flöte.

Als Inspiratoren fungieren Metropolmusikchef Peter Fulda und Yara Linss. Von ihnen kommen auch kompositorisch die richtungsweisenden Impulse. Ihre Musik bleibt dabei nicht im artifiziellen Raum stehen, sondern bezieht klar Position zu den Herausforderungen der Gegenwart – sei es die Atomkraft, die Oberflächlichkeit oder das Geschäft mit der Angst. So sympathisch das Ensemble agiert, höchste Schwierigkeiten auf die leichte Schulter nimmt und statt Allüren das Miteinander pflegt, so begeistert reagiert das handverlesene Publikum in der heimelig mit Tischen und Lämpchen möblierten großen Halle. Ein Abend, der Lust auf mehr gemacht hat. Und so sollte es zum Auftakt der Spielzeit ja auch sein.

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