Fürth-Buch lockt US-Musiker in die Heimat

28.7.2015, 21:00 Uhr
Fürth-Buch lockt US-Musiker in die Heimat

© Foto: Giulia Iannicelli

Die Geschichte liest sich wie ein Märchen. Der NN-Journalist Jo Seuss hatte 2014 ein Buch verfasst: „111 Orte in Fürth und Erlangen, die man gesehen haben muss.“ Eine Cousine von Herbert Pilhöfer besorgte sich den Band und sandte ihn nach Minneapolis, Minnesota. Herbert Pilhöfer (84) wandte sich per E-Mail an den Autor und erzählte aus seinem ereignisreichen Leben. Nun, auf Heimatbesuch, ließen es sich Seuss und Pilhöfer, dem man sein Alter gar nicht anmerkt, nicht nehmen, unter Führung von Bürgermeister Markus Braun das Rathaus zu bewundern und einen Blick vom Turm auf die alte Heimat zu werfen.

Klein und beengt ging es in den 30er Jahren zu in der Leyher Straße 16. Eltern und drei Kinder teilten sich zwei Zimmer. 1939 zog der Vater in den Krieg und kehrte erst 1948 wieder. „Ich war damals 17 Jahre alt“, erzählt Herbert Pilhöfer, „mein Vater war für mich ein vollkommen Fremder.“ Der junge Herbert spielte damals liebend gern Klavier. Aber nicht Mozart und Beethoven, sondern Jazz, besonders die Swingmusik eines Teddy Wilson. Überhaupt faszinierte ihn alles, was aus Amerika kam: „Ich habe Musik für die amerikanischen Soldaten gespielt, ich arbeitete beim Bayerischen Rundfunk, dann beim AFN, und dort gewann ich sogleich den Eindruck von einem freieren Leben.“

Drei Jahre lang trug sich der junge Herbert mit Auswanderungsgedanken, dann machte er seinen Traum wahr: „Mit 200 Dollar bin ich 1954 in Rotterdam an Bord gegangen und in zwölf Tagen rübergefahren. Ich dachte mir, in Amerika kann man praktisch von vorn anfangen und alles erreichen. So, als fiele eine Kastanie vom Baum, und im Nu steht ein neuer Kastanienbaum vor dir.“

Kalte Dusche

Ganz so einfach war‘s dann doch nicht, schnell kam die erste kalte Dusche: „Hier in Fürth war ich ein großer Fisch in einem kleinen Teich. Drüben war ich ein ganz kleiner Fisch in einem sehr großen Teich.“ Seinen ersten Auftritt absolvierte das hoffnungsvolle Jazztalent in einer deutschstämmigen Siedlung namens New Ulm. Ein Plakat verkündete „Herb Pilhoser spielt ihre Lieblingsmelodien“.

Aber irgendetwas müssen die Leute in New Ulm falsch verstanden haben: „Die Leute dachten, ich trete in Lederhosen auf und jodle ihnen was vor“, erinnert sich der Jazzer. Dann hörte er beim lokalen Musiksender rein. „Der brachte nur deutsche Volkslieder aus dem 19. Jahrhundert, die ich noch nie gehört hatte.“

Trotzdem blieb Pilhöfer in Minnesota nahe der kanadischen Grenze, auch aufgrund der deutsch- und schwedischstämmigen Bevölkerung. Musikalisch bewegte er sich an mehreren Fronten, unterhielt ein Tonstudio, und brachte 1962 sogar eine eigene Komposition mit Sinfonieorchester und Jazz-Quartett zur Aufführung.

Tatsächlich bot sich Amerika als das Land (fast) unbegrenzter Möglichkeiten an: „Wenn man mich gefragt hat: Herb, kannst du dieses oder jenes übernehmen?, dann habe ich immer Ja gesagt. So war ich auch eine Zeitlang Intendant an einem Theater, das Shakespeare-Stücke gespielt hat."

Als Musiker und Produzent arbeitete Pilhöfer mit Größen wie Chico Hamilton und Art van Damme zusammen. Sogar einen Grammy hat er in seiner Sammlung, für die beste Einspielung einer Kammermusik im Jahr 1979. „Gerne hätte ich auch Filmmusik komponiert“, erzählt der Musiker. „Aber dazu müsste ich in Los Angeles leben – und die Mentalität dort behagt mir nicht.“ In der kalifornischen Metropole kämen die Leute kumpelhaft daher — „und am nächsten Tag kennen sie dich nicht mehr".

Und wie ist es hier, daheim in Fürth? Vom Rathausturm aus entdeckt Herbert Pilhöfer seine alte Schule, das Hardenberg-Gymnasium. Auch der Anblick des Stadtparks zaubert ein Lächeln auf sein Gesicht: „Der Stadtpark, da waren wir immer mit den Mädchen!“

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