Fürth diskutiert über vier verkaufsoffene Sonntage

19.1.2018, 12:00 Uhr
Fürth diskutiert über vier verkaufsoffene Sonntage

© Hans-Joachim Winckler

Bei einem Pressegespräch im Gemeindehaus St. Michael kritisierten Vertreter der Allianz, das Rathaus halte an einer Regelung fest, die nicht mehr zeitgemäß sei. "Damit reizt die Stadt den juristischen Rahmen voll aus."

Die kommunale Verordnung über verkaufsoffene Sonntage wurde zuletzt 2003 geändert. Sie benennt Anlässe, die die Öffnung von Einzelhandelsgeschäften im gesamten Stadtgebiet an insgesamt vier Sonntagen in der Zeit zwischen 13 und 18 Uhr rechtfertigen: der Frühlingsmarkt, das Fürth Festival und die Michaelis-Kirchweih (zwei Sonntage).

Wie berichtet, gibt es in Nürnberg seit 2017 nur noch zwei verkaufsoffene Sonntage statt vier, jeweils lokal begrenzt auf Altstadt und Südstadt. Mit der Änderung reagierte die Nachbarstadt auf Gerichtsurteile, die Fürth laut Allianz bisher ignoriert.

Norbert Feulner, Allianz-Sprecher und Regionssekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Mittelfranken, listete die Urteile nun auf: Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 2009 gilt der prinzipiell arbeitsfreie Sonntag als schützenswert, Ausnahmen bedürfen eines Anlasses.

2011 pochte der Bayerische Verfassungsgerichtshof (VGH) auf die räumliche Nähe zwischen Fest, Kirchweih oder Markttreiben und Ladenöffnung, weshalb sich die Kritiker daran stören, dass auch große Möbelhäuser am Stadtrand wie Höffner oder Ikea ihre Pforten aufmachen. 2015 erklärte das Bundesverwaltungsgericht, das Ereignis, das die Aufweichung der Ladenschlusszeiten rechtfertige, müsse die Menschen anlocken und nicht der Umstand, dass sie shoppen gehen könnten. Die Rede ist von der "prägenden Wirkung des Anlasses". Und im Mai 2016 verlangte der VGH Prognosen. Heißt: Die Kommunen müssen beziffern, wie viele Besucher voraussichtlich vom Fest und wie viele von der Einkaufswelt angezogen werden.

"Erschreckende Leichtigkeit"

Die "prägende Wirkung des Anlasses" sei im Übrigen nicht gegeben, betonte Feulner, wenn die Verkaufsfläche der Geschäfte, die öffnen können, deutlich größer ist als die Festfläche. Nach dieser Logik freilich dürften hiesige Gewerbetreibende nicht einmal bei der zugkräftigen Michaeliskirchweih ihre Geschäfte aufsperren. Denn: Die Kirchweihfläche umfasst laut Feulner 42 000 Quadratmetern, die des Einzelhandels in der Stadt aber 357 000 Quadratmeter.

Angesichts der höheren Hürden für verkaufsoffene Sonntage zeigt man sich bei der Fürther Sonntagsallianz, die vor zehn Jahren gegründet wurde und heute einer von bayernweit 51 solcher Zusammenschlüsse ist, verwundert darüber, dass sich in Fürth noch nichts geändert hat. Bei einem Gespräch mit den Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen im März 2017 registrierte der evangelische Dekan Jörg Sichelstiel eine "erschreckende Leichtigkeit" im Umgang mit dem Thema. Einen Antrag der Linken, die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage in Fürth zu reduzieren, lehnte der Wirtschaftsausschuss im Mai 2017 ab.

Sichelstiel betonte nun, es gehe nicht nur um Kircheninteressen, sondern um einen wichtigen Tag für die gesamte Bevölkerung. Sein katholischer Amtskollege André Hermany pflichtete ihm bei: "Ich glaube, dass eine Gesellschaft verarmt, wenn sie den Sonntag als ,Tag der Ruhe‘ mehr und mehr aufgibt." Man fröne dem Prinzip "Geld regiert die Welt", vergesse aber die dienstleistenden Menschen und ihr Recht auf Erholung.

DGB-Geschäftsführer Stephan Doll drängt die Stadtspitze, "den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen". Die Kritik der Allianz zielt aber auch Richtung Ansbach: "Auch die Regierung von Mittelfranken müsste ihre Hausaufgaben machen und die Stadt Fürth dazu auffordern, ihre Haltung an geltende Rechtsprechung anzupassen", hieß es.

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