Fürth hatte Glück, doch die nächste Flut wird kommen

5.6.2016, 16:00 Uhr
Fürth hatte Glück, doch die nächste Flut wird kommen

© Archivfoto: Winckler

Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung kennt Simbach von Fahrradtouren. Dass ein solcher Ort förmlich von Wassermassen weggespült werden könnte, sagt er, wäre für ihn unvorstellbar gewesen. Dabei ist Jung in Fürth mit Hochwassern groß geworden, hat schon als Kind die bedrohliche Kraft des Elements am eigenen Leib zu spüren bekommen.

Aufgewachsen in Stadeln, stach er mit seinen Freunden einmal im überschwemmten Wiesengrund am Fuß des Fischerbergs in See. Auf ihrem eigenhändig zusammengezimmerten Floß, erinnert sich Jung, sei er aus dem Gleichgewicht geraten und ins Wasser gefallen. Jacke und Lederhose sogen sich im Nu voll mit Wasser, er geriet in Panik. Beherzte Erwachsene befreiten ihn aus der misslichen Lage.

Jung, der zugleich wehmütig an Wintertage zurückdenkt, „an denen man von Stadeln bis Vach auf einer durchgehenden Eisfläche Schlittschuh laufen konnte“, glaubt, dass Rednitz-, Pegnitz- und Regnitzgrund früher „häufiger, länger und regelmäßiger“ überschwemmt waren als heute. Die jüngste Flutkatastrophe, die mehrere Menschen das Leben gekostet hat, bringt ihn aber auch ins Grübeln: „Die Welt wird unberechenbarer und bedrohlicher, niemand kann sich sicher fühlen.“

Wer – wie Anwohner des Scherbsgrabens 2007 – schon mal im eigenen Keller bis zur Brust im Wasser stand und sich von Handwerkern sagen lassen musste, es werde zwei Jahre dauern, bis das Mauerwerk durchgetrocknet ist, hat solche Gefühle wohl längst verinnerlicht. 2011 musste eine direkt am Rednitzufer lebende Familie fassungslos zusehen, wie der Fluss durch Böden, Wände Fliesenfugen in ihre Wohnung strömte. Das Schlimmste für die Betroffenen war, wie sie damals sagten, dass man nicht weiß, wann es aufhört und ob es aufhört. Fachleuten gelang es schließlich, die unterirdischen Fluten umzulenken.

Alternative zur Mauer

Mehr Schutz vor Hochwasser soll Anwohnern des Farrnbachtals in Burgfarrnbach nun nach Plänen des Wasserwirtschaftsamtes eine 185 Meter lange Mauer bringen. Doch das Projekt stößt, wie berichtet, auf erheblichen Widerstand. Naturschützer plädieren dafür, dezentral Räume zu schaffen, wo sich die Wassermengen nach starken Regengüssen ausbreiten können, um dann nach und nach abzufließen. Jung sagte jetzt auf Nachfrage, man wolle versuchen, im Sommer einen Konsens zu finden. Ein begrünter Wall wäre seines Erachtens die vielleicht bessere Alternative zu einer meterhohen Mauer.

Immer wieder beklagen Naturschützer, dass Neubauten allzu nah an die Fürther Talauen heranrücken dürften. Aktuell provoziert ein Bauvorhaben am Unterlauf des Dambachs entsprechende Proteste (siehe Artikel auf S. 34). Oberbürgermeister Jung weist Kritik an der Talrandbebauung generell zurück. Die bayerischen Vorschriften zum Hochwasserschutz würden in Fürth „auf Punkt und Komma eingehalten“, betont er.

Grünen-Fraktionschef Harald Riedel hingegen findet es falsch, dass Neubauten wie die am Schießanger geplante Feuerwache stets auf hundertjährliche Hochwasser ausgelegt werden, die statistisch mindestens einmal in 100 Jahren auftreten, nicht aber auf seltenere Extremhochwasser. Mit solchen hatten und haben nun die Menschen in Simbach oder in Braunsbach zu kämpfen. Träfe ein solches Naturereignis eines Tages Fürth, prophezeit Riedel: „Dann würde die Fahrzeughalle der neuen Feuerwache absaufen und mit ihr alle technischen Werkstätten und Büros im Erdgeschoss.“

Hochwasserkatastrophen lassen sich nach seiner Überzeugung auch durch das Zutun der Bevölkerung zumindest abmildern. Wer etwa vor Garagenzufahrten Rasengittersteine verlegt statt alles zu pflastern, sorge dafür, dass Niederschläge am Entstehungsort versickern können. Regenwasserzisternen wiederum trügen bei starken Regenfällen zur Entspannung der Lage bei, weil sie mehrere tausend Liter fassen. Investitionsanreize könne die Kommune schaffen, sagt Riedel. So erlasse der Markt Heroldsberg (Kreis Erlangen-Höchstadt) – anders als Fürth – Zisternenbesitzern die Hälfte ihrer Abwassergebühren.

In Wilhermsdorf, wo die befürchtete Flutwelle aus Obernzenn zuletzt glücklicherweise doch ausblieb, ist die Feuerwehr nach den Worten von Bürgermeister Uwe Emmert auch an diesem Wochenende sensibilisiert. Sandsäcke liegen bereit, zwei Polderpumpwerke befördern im Notfall das Wasser aus dem Ortskern. „Mehr können wir nicht tun“, meint Emmert und stellt klar: „Wer hier wirklich direkt an der Zenn wohnt, ist immer darauf vorbereitet, dass die Keller volllaufen und hat dort nichts Wertvolles stehen.“

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