Fürth: Jüdisches Museum wird eingeweiht

13.5.2018, 16:00 Uhr
Fürth: Jüdisches Museum wird eingeweiht

© Foto: Hans Winckler

Usain Bolt würde 10,3 Sekunden benötigen. Von einem Haus zum anderen. Aber was heißt hier "Haus". Mit dem Ludwig-Erhard-Zentrum (LEZ) am Rathaus und dem Anbau des Jüdischen Museums Franken hatten die Fürther in den vergangenen Monaten nicht nur Gesprächsstoff und Adrenalinausschüttung zuhauf, sondern auch zwei harte Rätselnüsse zu knacken. Während aber die Frage "Was will der Architekt uns damit sagen?" beim überaus wuchtig geratenen Kubismus-Klotz LEZ noch immer für deutlich mehr Kopfschütteln als glückliche Gesichter sorgt, fiel in der Königstraße mit jedem Gerüst nach drei Jahren Bauzeit das Misstrauen. Ein bisschen zumindest.

Doch auch Ulrich Manz macht es dem Baukunstlaien nicht leicht. Der Bamberger Architekt, der 2008 als Sieger aus dem Wettbewerb hervorging, hat mit der ockerfarbenen Fassade aus größtenteils verschlämmten Klinkersteinen für reichlich Wirbel gesorgt. Die Außenhaut, die je nach Lichteinfall wandlungsfähig schimmert, erinnert in Textur und Farbe an die Westwand des Tempelberges in Jerusalem. Der ebenfalls kubistische Bau stellt sich selbstbewusst, dabei jedoch die Formensprache der Umgebung aufgreifend, neben jenes Fachwerk-Schmuckstück, das Hirsch Fromm 1622 erbaute und das seit 1998 den Stammsitz des Jüdischen Museums Franken beherbergt.

Mit seiner umfangreichen Judaika-Sammlung, Laubhütte und Mikwe hat das Haus einen festen Platz in der bundesdeutschen Museumslandschaft; doch es platzte rasch aus sämtlichen Nähten. Im Juni 2013 fasste der Fürther Stadtrat den Beschluss für einen Erweiterungsbau; der sollte nicht nur Platz bieten für die Bibliothek und das Museumsteam um Leiterin Daniela Eisenstein, das mehrere Hundert Meter weiter über dem Babylon-Kino residieren musste, sondern Türen für die jüngere Generation öffnen.

Außerschulisches Lernen

Mehr als 50 Prozent der Museumsbesucher sind unter 18 Jahre alt, und Eisenstein — die 48-jährige New Yorkerin folgte Gründungsdirektor Bernhard Purin 2004 — spielte von Beginn an die Karte, Jugendlichen die Begegnung mit dem Judentum auf museumspädagogischem State of the Art-Niveau zu ermöglichen. Manz’ Bau bietet auf 900 Quadratmetern Nutzfläche Platz für ein "Learning Centre" — es eröffnet mit Bibliothek und Leselounge Ende 2019 — und für Wechselausstellungen auf zwei Ebenen. Im alten Haus, nach wie vor Sitz der Dauerausstellung, war dies ein Ding der Unmöglichkeit.

Außerdem kommen die Fürther in den Genuss eines Cafés im neuen Eingangsbereich. Ein Zwischentrakt verbindet Alt- und Neubau und lässt zugleich eine Freifläche entstehen, die Platz bietet für einen "Garten der Kulturen"; er soll zum Fürther Höfefest im Sommer eröffnen und Pflanzen präsentieren, die in der Bibel Erwähnung finden oder von regionaler Bedeutung (Hopfen) sind. "Wir sind nicht am Ziel, sondern am Anfang", sagt Eisenstein, die den nächsten großen Brocken bereits vor Augen hat: die Neugestaltung der Dauerausstellung.

Mit Hilfe von Spenden

Doch zurück zur Gegenwart, die ist teuer genug — oder doch nicht? "Wir sind im Zeitplan und im Finanzierungsplan", sagt Fürths Kulturreferentin Elisabeth Reichert (SPD). Tatsächlich wurde die Kalkulation unterm Strich um 400.000 Euro überboten, "dank konsequenter Kontrolle". Macht insgesamt 6,2 Millionen Euro, davon war eine Million für die Inneneinrichtung fällig. Bauherr ist die Kulturstiftung Fürth, 4,2 Millionen wurden finanziert über Städtebaufördermittel, über 400.000 Euro flossen aus der Bayerischen Landesstiftung, mehr als eine halbe Million kam über Fundraising-Aktionen und durch den Einsatz des Fördervereins zusammen.

Eine Wechselausstellung begrüßt die Besucher ab Montag bis Oktober. "Cherchez la Femme", kuratiert von Miriam Goldmann vom Jüdischen Museum Berlin, geht der kulturhistorischen Bedeutung der religiös motivierten Verhüllung von Frauen auf den Grund. Am 14. Mai, 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels, ist das Museum von 10 bis 21 Uhr geöffnet. 3 Euro kostet der Eintritt, Führungen gibt es von 11 bis 19 Uhr im Zwei-Stunden-Takt.

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