Fürth wird akademisch

3.6.2006, 00:00 Uhr
Fürth wird akademisch

Für Fürth ist das der Universitätsleitung direkt unterstellte und vom Freistaat geförderte Institut von besonderer Bedeutung, führt es die Kommune doch aus dem Schatten der unmittelbar benachbarten Universitätsstädte heraus. Fünf Professoren arbeiten im ZMP interdisziplinär an der Entwicklung neuer Leichtbaustoffe. Diese werden von der im selben Gebäude auf dem Uferstadt-Gelände angesiedelten Neue Materialien Fürth GmbH zur Serienreife für die industrielle Fertigung gebracht. Ergänzt werden die beiden Uni-Ableger von einem Material-Röntgenzentrum der Fraunhofer-Gesellschaft Integrierte Schaltungen.

Fördergelder gaben den Anstoß zur Entwicklung des Wissenschaftsstandortes auf dem ehemaligen Grundig-Areal: Zunächst die nicht abgerufenen fünf Millionen Mark für das gescheiterte Gewerbeparkprojekt der Nachbarstädte im Knoblauchsland, dann die zur High-Tech-Offensive eingesetzten Privatisierungserlöse des Freistaates. Mit bislang 23 Millionen Euro hat Bayern der Fürther Materialforschung auf die Sprünge geholfen.

Der Elan der Forscher sorgt dafür, dass der Förderbedarf nicht abreißt. Um alle Aufträge aus der Industrie erfüllen zu können, benötigt die NMF eine zweite Fertigungshalle, und das Röntgenzentrum ist nach dem Aufbau eines neuen Geschäftsfeldes in der Luft- und Raumfahrttechnik auf dem Weg zu einem eigenständigen Institut.

Die Einweihung des Zentralinstitutes war immer wieder verschoben worden, weil man auf das Aushängeschild wartete: ein von der Deutschen Forschungsgesellschaft gefördertes, zwei Millionen Euro teures Elektronenmikroskop, mit dem erstmals große Bauteile unter Belastung untersucht werden können. Die vom Investor des Uferstadt-Areals, Doughty Hanson, mit der Vermarktung beauftragte Münchner Investa hat dem Zentralinstitut zur erschütterungsfreien Platzierung des 6,20 Meter hohen Mikroskopes bereits einen gläsernen Anbau spendiert. Doch zur Feier am Freitag konnte hier nur eine aufblasbare Attrappe belächelt werden. Der Liefertermin des in Grevesmühlen an der Ostsee gefertigten Prototyps steht noch immer in den Sternen.

Besondere Stärke

Interdisziplinäre Forschung ist nach den Worten von Rektor Dr. Karl-Dieter Grüske eine besondere Stärke der Friedrich-Alexander-Universität. In Fürth demonstriere sie, dass sie sich hierin weiterentwickelt. Als treibende Kraft der NMF und des ZMP hob der Erlanger Werkstoffwissenschaftler Prof. Dr. Robert Singer die Bedeutung der Beteiligung der Wirtschaft hervor: «Wir finanzieren und bereits jetzt zu zwei Dritteln aus Industrieaufträgen.“ Gerade mittelständischen Unternehmen ohne eigene Forschungszentren können die Fürther Einrichtungen wertvolle Zuarbeit leisten, die Wettbewerbsvorteile sichern.

Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber plädierte beim Festakt deshalb auch für eine noch engere Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft in Deutschland. Vor rund 500 geladenen Gästen, darunter der Vizepräsident des Europäischen Parlamentes, Ingo Friedrich, CSU-Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann und Mittelfrankens Regierungspräsident Karl Inhofer, bezeichnete er den jungen Forschungsstandort Fürth als eine bereits international anerkannte Institution.

Von einem historischen Ereignis vom Schlage der ersten deutschen Eisenbahn und der Gründung des Quelle-Versandes sprach OB Thomas Jung. Dass auf dem ehemaligen Industriestandort nach dem Abbau von rund 8000 Grundig-Arbeitsplätzen jetzt wieder 1500 Menschen in zukunftsträchtigen Einrichtungen beschäftigt sind, wertet er als Entwicklung, auf die man stolz sein könne.