Fürth zeigte sich von seiner lesenswerten Seite

3.7.2017, 11:37 Uhr
Fürth zeigte sich von seiner lesenswerten Seite

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Ja, so ein Lesesack ist urgemütlich, direkt einschlafen könnte man darin. Desgleichen die Hängematten. Deshalb muss das Buch, das man sich aus den Büchertürmen ausgeliehen hat, schon einen gewissen Spannungsfaktor mitbringen. Wenn nicht – dann versinkt man eben in einem gesunden Nachmittagsschlaf.

Unterstützung erhält die gedankliche und sonstige Aufmerksamkeit des Besuchers diesmal durch das Wetter. Genauer durch den Wind, der nicht nur um die Nase, sondern durch das Laubwerk der umstehenden Bäume fährt. Derart heftig, dass selbst die heimischen Autoren Norbert Autenrieth, Gerd Fürstenberger, Philip Krömer und Johannes Wilkes trotz Lautsprecher Mühe haben, gegen das Rauschen des Blätterwalds – rein botanisch verstanden – anzugehen.

Dass Lyriker sich von Gemälden oder anderer großer Kunst zu Gedichten anregen lassen, ist selbstverständlich. Bei der Lektüre entsteht sofort das besungene Kunstwerk vor dem geistigen Auge des Lesers. Doch umgekehrt? Die edition promenade wagt wieder einmal etwas Besonderes: Sie veröffentlicht Prosagedichte von Michael Herrschel in deutscher Originalsprache und in französischer Übersetzung. Und garniert diese mit Bildern aus Ausstellungen, die vordem in Christian Fritzsches Galerie Promenade hingen, und die Herrschel selbst hierzu ausgesucht hat.

Warum liest man eigentlich? Seit es das Internet gibt, fühlt sich jede Leseratte zum Literaturkritiker, zum Reich-Ranicki von eigenen Gnaden berufen. Zahllose Literaturblogger sprechen im Netz ihre Empfehlungen aus. Nun hat der Homunculus-Verlag in Erlangen ebenfalls ein Experiment gewagt, das auf der Schwelle vom Papier zum PC operiert. Vierzig angeschriebene Literaturblogger geben an, warum und wie sie zum Lesen kamen. Und was Lesen für sie im wörtlichen wie im tiefsten Sinne bedeutet.

QR-Code im Buch

Gute Idee. Bloß, wozu daraus ein Buch machen? Solche Bekenntnisse könnte man doch gleich im Internet nachlesen. "Aber als Buch ist die Lektüre einfach lesefreundlicher, als dass man sich dauernd durchs Internet durchklickt", gibt Homunculus-Mitgesellschafterin Laura Jacobi zu verstehen. Dennoch wagt das Buch den Schritt in die digitale Zukunft: Jedes Kapitel ist mit einem QR-Code versehen. Einmal scannen und klicken, schon findet der Leser zu dem betreffenden Literaturblog.

Bücher aus dem Regal der Büchertürme zu ziehen, ist keine Kunst. Sie an die passende Stelle zurückzustellen, offenbar schon. Die Studentin Ann-Christin Genser rückt darum ständig diverse Exemplare an die richtige Position. Dabei ist es so einfach: "Auf die linke Seite kommen die Romane, rechts die Sachbücher. Unten stehen die Kinderbücher, oben die Literatur für Erwachsene." Überdies müssen Ann-Christin und ihre drei Kollegen aufpassen, dass kein Buch Beine bekommt . . .

Gibt es ein Erfolgsrezept für den Verkauf? Knallige Buchtitel gibt es zuhauf: "Die unerbittliche Brutalität des Erwachens" erfährt jeder Schüler und Berufstätige am eigenen Leib. Wer an sinnstiftende Zusammenhänge glaubt, den zieht ein Titel wie "Der Zufall, das Universum und Du" in seinen Bann. Und wer ein Happy End erhofft, dem springt "Das einzig glückliche Ende" ins Auge. Neuerdings sind Titel mit Bandwurmsätzen Mode geworden. Hier eine Auswahl: "Mein Leben mit verknallten Hirnlosen und knallenden Klos", "So überlebte ich das Schuljahr trotz Aliens, Robotern und der grausamen Missy" oder "Die wunderbare Welt des Kühlschranks in Zeiten mangelnder Liebe". Unser persönlicher Spitzenreiter: "Mein Vater, das Kondom und andere nicht ganz dichte Sachen".

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