Experten: "Digitale Transformation wird nie beendet sein"

24.6.2017, 21:00 Uhr
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© Ole Spata (dpa)

Christina Burkhardt bildet Fachleute für digitale Transformation aus und berät Firmen, wie sie den digitalen Wandel gut meistern können. "Nicht jedes Unternehmen muss sich komplett durchdigitalisieren, aber es muss sich damit auseinandersetzen", rät die Expertin und stellt klar: "Digitale Transformation ist eigentlich das falsche Wort, weil sie wird immer weitergehen und nie beendet sein."

Besonders drängend sei das Thema derzeit in der Automobil-, Finanz- und Immobilienbranche, berichtet die Mitgründerin der Shiftschool in Nürnberg, der nach eigenen Angaben ersten Akademie für digitale Transformation in Deutschland. Warum Digitalisierung so wichtig ist, erläutert die Betriebswirtin anhand des Spielzeugherstellers Mattel. Er verkaufe in den USA bereits 3D-Drucker, mit denen Kunden Figuren nach ihren persönlichen Vorstellungen erschaffen.

"Andere Spielzeughersteller, wie Playmobil, müssen sich fragen, was das für ihr Geschäftsmodell und ihren Umsatz bedeutet", resümiert Burkhardt bei dem gut besuchten Wirtschaftskreis im Restaurant Schwadermühle im gleichnamigen Gewerbegebiet, dem einzigen im Landkreis Fürth mit Flugplatzanbindung, wie Landrat Matthias Dießl (CSU) eingangs scherzte. Er mahnte aber auch: "Verpasste Digitalisierung kann Wettbewerbsnachteile bis hin zum Ausscheiden aus dem Markt bedeuten."

Karlheinz Ronge, Abteilungsleiter für Vernetzte Systeme und Anwendungen beim Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) nannte in seinem Impulsvortrag als Beispiel die Entwicklung von MP3, die ein "Sargnagel für viele implantierte Technologien", wie Schallplatten und CDs, gewesen sei. Nun geht der Trend bekanntlich dahin, nur noch das Recht zu kaufen, Musik herunterzuladen. Ronge konstatierte deshalb: "So neu ist der digitale Wandel gar nicht."

Neu sei allerdings beispielsweise das zunehmende Bemühen, mittels digitaler Daten aus der Vergangenheit die Zukunft vorherzusagen, etwa um die Heizung und Klimatisierung von Gebäuden zu regeln. Oder die Erfassung von Geschlecht und Gesichtsausdruck mittels Videokamera beim Einkaufen im Supermarkt, um den Kunden dann auf Bildschirmen personalisierte Werbung zu zeigen.

"Wahnsinnig weit"

Auch ermöglicht die Digitalisierung jungen Unternehmen, sich in bestehende Geschäftsbeziehungen zu drängen und etwa Taxidienste vorbei an den Taxizentralen zu vermitteln (Uber); oder Hotelzimmer anzubieten, ohne selbst welche zu besitzen, ergänzte Robert Couronnè, Geschäftsführer der Nürnberger Initiative für die Kommunikationswirtschaft (NIK), der eine Podiumsdiskussion leitete.

"Die Digitalisierung ist schon wahnsinnig weit, der Handwerker macht es sich nur oft nicht bewusst – genauso wenig wie die damit verbundenen Gefahren", resümierte der Vizepräsident der Handwerkskammer Mittelfranken, Christian Sendelbeck. Er streifte den Komplex Smart Home, der einerseits Chancen biete, etwa zum besseren Energiemanagement, andererseits aber auch Eintagsfliegen hervorbringe – wie die Befüllung der Badewanne per App: "Vor fünf Jahren war das der Renner, heute will das keiner mehr."

Dass viele Unternehmen zunächst zurückhaltend damit sind, ihre Prozesse zu ändern, berichtete Ulrich Kohler, Geschäftsführer des Orgaplus Systemhauses in Oberasbach. Der IT-Dienstleister bietet unter anderem eine regionale Cloud für den Mittelstand, Lösungen für die Automatisierung kaufmännischer Prozesse, wie die Rechnungsprüfung, und für die Digitalisierung von Einkauf, Verkauf und Kundenservice. Einem Fensterbauer aus dem Landkreis, der Schwierigkeiten hatte, weitere Mitarbeiter zu finden, sei es so etwa gelungen, mit konstantem Personalstamm 25 Prozent mehr Aufträge zu schaffen.

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