Fürther Kammerorchester fuhr in die Jungsteinzeit

22.3.2017, 17:10 Uhr
Fürther Kammerorchester fuhr in die Jungsteinzeit

© Foto: André De Geare

Charlie Chaplin war nicht nur ein begnadeter Schauspieler mit pantomimischen und artistischen Fähigkeiten, dazu ein ebenso begnadeter Regisseur, sondern auch ein veritabler Komponist. Das Cello war seine Leidenschaft, doch als Filmkomponist schrieb er Musik nur für seine eigenen Filme. Mit dem bittersüßen "Smile" aus seinem Tonfilm "Moderne Zeiten" eröffnete das Fürther Kammerorchester unter Horst Günter Lotts routiniertem Dirigat seinen musikalischen Nachmittag mit "Klassikern der Filmgeschichte".

Die meisten Partituren stammen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, die meisten auch sind vorwiegend den älteren Kinogängern geläufig. Elmer Bernsteins auftrumpfende Titelmelodie der "Glorreichen Sieben" (1960) kennt man ja eher aus der Reklame einer sattsam bekannten Zigarettenmarke, und die ungeniert bei Bruckner plündernden Fanfaren aus "Krieg der Sterne" von Spielbergs Hauskomponisten John Williams sind ebenfalls jedem geläufig.

Schon weniger bekannt und eine Entdeckung wert ist die Komposition des Vielschreibers Ennio Morricone. Das Historienepos "Mission" aus dem Jahr 1987 war zwar ein Flop, doch das Zusammenspiel aus zarter Oboe und dezentem Streichorchester ließ seinerzeit aufhorchen.

Mancinis Handschrift

Alle weiteren Stücke des Kammerorchesters bestanden aus Potpourris und Arrangements durcheinandergewürfelter Melodien, nicht unbedingt zum Vorteil der dramaturgischen Geschlossenheit. Unverkennbar ragt Henry Mancinis Handschrift heraus, vor allem mit der elegischen Melodie von "Days of Wine and Roses", dem unverwüstlichen "Pink Panther", dem munter schaukelnden "Elephant Walk", und dem herzschmerzlichen "Moon River" aus "Frühstück bei Tiffany". Klar, wer die alten Filme kennt, zerfließt in Nostalgie und fragt sich, wo denn die fähigen Komponisten heute alle abgeblieben sind.

Aber dann gibt es doch noch eine echte Ausgrabung, eine Kuriosität ersten Ranges: ein Konzert für Basstuba und Orchester. Bis 1967, so verrät das Programmheft, wollen sich nur sechs Komponisten an eine Komposition für solch ein Instrument gewagt haben. Einer von ihnen war der 1958 verstorbene Ralph Vaughan Williams, der nicht nur die Tonsprache des 19. Jahrhunderts bis weit ins 20. hinüberrettete, sondern auch Filmmusik schrieb, etwa für "Scott of the Antarctic" (1948), woraus er die "Sinfona Antarctica" formte. Aber wie, zum Kuckuck, bestreitet man ein Konzert für ein Instrument, das ein sehr überschaubares bzw. überhörbares Klangspektrum abdeckt?

Williams’ Konzert ist überraschend kurz, verlangt seinem Virtuosen Susumu Kakizoe enorm viel Kraft ab und bezieht seinen Reiz in erster Linie aus dem Kontrast des kompakten monolithischen Brummtones einerseits und der differenziert behandelten Orchesterklänge andererseits. So muss es in der Jungsteinzeit geklungen haben, wenn Mammuts verliebt waren.

Zum Schluss kommt noch das Musical zum Zuge. Hatten zuvor schon Themen aus Gershwins "Porgy und Bess" und "New York, New York" der amerikanischen Unterhaltungsmusik gehuldigt, markierte Andrew Lloyd Webber das Finale mit einem weiteren Potpourri, woraus die überaus kantablen Motive aus "Evita" und "Jesus Christ Superstar" herausragten.

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