Fürther Kläranlage: Topfit mit 100 Jahren

21.10.2016, 11:00 Uhr
Fürther Kläranlage: Topfit mit 100 Jahren

© Foto: Horst Linke

Nicht nur für Bakterien, die in der biologischen Reinigungsstufe unter Sauerstoffzufuhr mächtigen Appetit auf den letzten Dreck im Abwasser entwickeln, ist der Klärbetrieb der Kleeblattstadt ein gefundenes Fressen, auch Hundertschaften von Handwerkern sichert er ein solides Auskommen. Dabei treibt die Stadt keineswegs der Größenwahn zu immensen Investition in die Dauerbaustelle, sondern immer strengere Auflagen des Gesetzgebers zum Reinhalten der natürlichen Gewässer.

Dass inzwischen wieder in Fürths Flüssen gebadet wird, sich auch Forellen beachtlicher Größe darin tummeln, wertet Oberbürgermeister Thomas Jung als Indiz dafür, dass Fürths Anstrengungen Wirkung zeigen. Vor zahlreichen Ehrengästen der offiziellen Geburtstagsfeier am Mittwochnachmittag im Rohbau des 19 Millionen Euro teuren neuen Betriebsgebäudes, das bis Sommer 2017 am Eingang fertiggestellt werden soll, stellte Jung jedoch insbesondere auch die zentrale Bedeutung der Optimierungsarbeiten als Voraussetzung für das weitere Wachstum der Stadt heraus.

Eigentlich kämpft Fürth nicht erst seit 100 Jahren mit dem Abwasser. Schon seit 1840 entstand ein Kanalsystem, das kontinuierlich erweitert und verbessert wurde. Die erste Kläranlage wurde 1911 im Wiesengrund nahe der Einmündung des Käppnerwegs in die Vacher Straße gebaut. Heute befindet sich an ihrer Stelle ein großes Regenrückhaltebecken.

Die doppelstöckige mechanische Abwasserreinigungsanlage reichte jedoch schon bald nicht mehr aus, weshalb 1916 eine weitere an der Erlanger Straße in Angriff genommen wurde. Bis 1952 leistete sie gute Dienste, doch in den folgenden zehn Jahren musste sie runderneuert werden. Das war der Auftakt für eine Dauerbaustelle, die immer größere Investitionen erforderlich machte. Mehrfach musste die benachbarte Kleingartenkolonie „Land in Sonne“ bluten. Zuletzt wurden 2011 14 Parzellen für den Bau von drei neuen Nachklärbecken vom Bagger geschluckt.

Große Aufregung herrschte vor zehn Jahren in Fürth, als die Kommune unter dem Eindruck von Sparzwängen ernsthaft überlegte, den Abwasserbetrieb zu privatisieren. Bürger stellten dagegen ein Fürther Wasserbündnis auf die Beine, das im Handumdrehen weit mehr als genug Unterschriften für ein Bürgerbegehren sammelte. Der Stadtrat zog daraufhin die Notbremse und verwarf die Privatisierungspläne.

Auch das alternativ erwogene Verlagern der Stadtentwässerung vom Tiefbauamt in die Regie des kommunalen Versorgungsunternehmens infra scheiterte am Widerstand der Kritiker. Seit zehn Jahren firmiert die Stadtentwässerung Fürth nun als eigenständiger Kommunalbetrieb. Der kontinuierliche Ausbau der Fürther Hauptkläranlage ist auch deshalb nötig, weil sie außer Fürths Abwasser auch Schmutzwasser aus Cadolzburg, Obermichelbach, Zirndorf und Oberasbach aufnimmt und vor dem Einleiten in die Regnitz unschädlich machen muss. Auf 265 000 Einwohner ist ihre Kapazität ausgelegt. Heuer sind zudem die Arbeiten zum Stilllegen der veralteten Vacher Kläranlage mit einer Kapazität von 26 000 Einwohnern angelaufen. Armut droht der Kommune übrigens trotz der immensen Ausgaben für ihren Klärbetrieb nicht. Denn für die Finanzierung werden die Bürger über die Wassergebühren zur Kasse gebeten.

Eine Lanze für Fürths hundertjährige Reinigungskraft brach beim Festakt am Mittwoch der Münchner Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Wolfgang Günthert, als er sagte: „Moderne Abwassersysteme retten mehr Menschenleben als die Medizin.“

Diesen Sonntag öffnet die Hauptkläranlage von 10 bis 17 Uhr ihre Pforten für alle Interessierten. Führungen werden um 10.15 Uhr, 13 Uhr und 15 Uhr angeboten.

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