Fürther Nazi-Opfer bleiben unvergessen

13.4.2015, 12:00 Uhr
Fürther Nazi-Opfer bleiben unvergessen

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Oberbürgermeister Thomas Jung nannte es in seinem Grußwort „im Nachhinein unbegreiflich“, dass man sich dem Gedenken der beiden frühen Mordopfer des Nazi-Regimes jahrzehntelang verweigert habe. Inzwischen erinnern zwei kleine Straßen im Stadtteil Unterfürberg und eine Gedenktafel bei den Birken am Beginn des Rednitz-Uferwegs an sie. Heute, so Jung, schließe sich „die ganze Stadtgesellschaft“ dem Erinnern an die Menschen an, die damals Widerstand leisteten.

Jung nannte es ermutigend, dass die Zahl der Mitbürger wachse, die den derzeit in Fürth weilenden Flüchtlingen Willkommen und Unterstützung bieten – ganz im Gegensatz zur „verheerenden Diskussion“ über die Asylsuchenden in den 90er Jahren.

Sportvereine, Kirchengemeinden und junge Menschen würden heute die Initiative ergreifen. Daher hege er die Hoffnung, so der OB, „dass Offenheit und Mitmenschlichkeit wachsen“.

Eine kritischere Gegenwartsbeschreibung lieferte Hans Brenner vom Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Er erinnerte an Anschläge der jüngsten Zeit gegen Mitstreiter seiner Initiative, etwa einen Farbanschlag gegen ein Wohnhaus und eine eingeschlagene Autoscheibe. Im vergangenen Jahr habe man in Mittelfranken 240 Straftaten mit rechtsradikalem Hintergrund gezählt, so Brenner – keine sei aufgeklärt worden.

Einsätze kritisiert

Deshalb könne man nur die Abwicklung des Verfassungsschutzes fordern sowie eine Umorientierung polizeilicher Einsätze. Brenner verwies in diesem Zusammenhang auf den Einsatz eines USK-Kommandos, das bei einer Anti-Pegida-Demo in Nürnberg Anfang März Fürther Bürger festgesetzt hatte (die FN haben berichtet).

Zur Gedenkfeier am Fluss waren auch Nachkommen Fürther Widerstandskämpfer gekommen, darunter Verwandte von Ernst Goldmann, Michael Blöth, Georg Hausladen und Hedwig Regnart. Goldmann und Benario gehörten 1927 zu den Gründern des Fürther Kanuclubs. Zur Uferbefestigung pflanzten sie damals die heute prächtig gediehenen Birken an der Rednitz. Bereits am 12. März 1933 wurden sie von der SA Hitlers verhaftet. Sie kamen ins Konzentrationslager Dachau, wo sie am 12. April nach schweren Misshandlungen ermordet wurden. Die beiden Fürther Juden und Kommunisten gehörten somit zu den ersten Toten in einem KZ des Dritten Reichs.

An ihre Lebensgeschichte und die vieler anderer Fürther Widerstandskämpfer erinnerte in der „Grünen Scheune“ dann eine szenische Lesung unter dem Motto „Gebt ihnen einen Namen“. Der Hobby-Historiker und ehemalige Fürther DKP-Vorsitzende Siegfried Imholz hatte Texte aus seinen umfangreichen Recherchen über 200 Fürther Antifaschisten zusammengestellt. Durch Zitate aus Originaldokumenten der Nazis, aus Briefen der KZ-Opfer und ihrer Angehörigen sowie Zeitungsberichten entstand ein lebendiges Bild der Zeit des Terrors und des Widerstands.

Über einen Geheimtreff Fürther Kommunisten in einem Unterfarrnbacher Wäldchen erfuhr man ebenso einiges wie über die menschenverachtenden medizinischen Experimente an Fürther KZ-Insassen in Dachau. Beispiel für den perfiden Zynismus der Nationalsozialisten: Die ersten Fürther Häftlinge in Dachau wurden zu einem fröhlichen Gruppenfoto gezwungen. Dieses mussten sie für eine Reichsmark erwerben und ihren Verwandten nach Hause schicken – um eine gute Behandlung im KZ vorzutäuschen.

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