Fürther Stimmen zum Kurswechsel in Griechenland

28.1.2015, 16:00 Uhr
Fürther Stimmen zum Kurswechsel in Griechenland

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Um am Sonntag seine Stimme abgeben zu können, nahm Spiros Garos eine kleine Odyssee in Kauf. Von Xylokastro, wo der Fürther gegenwärtig lebt, fuhr er mit dem Zug 120 Kilometer nach Athen. Dort ging es dann hinab ins weitverzweigte U-Bahn-Netz. Alles nicht ganz einfach für einen 79-Jährigen, aber was soll’s. „Kleines Land, große Bürokratie“, seufzt Garos.

Der Gewerkschafter war über Jahrzehnte in Fürth zuhause, ehe er kurz vor Weihnachten 2014 nach Xylokastro zurückgekehrt ist. „Ich bleibe wahrscheinlich länger“, sagt er gut gelaunt am Telefon. Das Klima sei doch etwas angenehmer. Sein Stimmrecht musste er allerdings in Athen wahrnehmen: Die Übertragung auf seinen Wohnort Xylokastro, so wurde ihm gesagt, dauere sechs Monate.

Für die Umstände entschädigte ihn das Wahlergebnis. „Ja“, antwortet er auf Nachfrage, „ich habe Tsipras gewählt.“ Wie die meisten Griechen, erzählt er, habe auch er die Nase voll gehabt von den etablierten Kräften. „Die haben die Menschen nur depressiv gemacht“, schimpft er mit Blick auf die hohe Arbeitslosigkeit und die Perspektivlosigkeit der Jugend.

Fürths Partnerstadt Xylokastro sei ein kleines, eher bäuerliches Städtchen, so Garos. Anders als in den großen Zentren sei der Sieg von Tsipras’ Partei Syriza nicht auf den Straßen gefeiert worden. „Aber viele, mit denen ich gesprochen habe, sehen das Ergebnis positiv.“ Er spüre Hoffnung, eine Art Aufbruchstimmung.

Bis in die späten Abendstunden verfolgte Antonios Kerlidis am Sonntag die Wahl – als Livestream aus dem Internet. Was er dort sah, überraschte ihn nicht. „Das Ergebnis war zu erwarten“, sagt der Vorsitzende des Fürther Integrationsbeirates. 30 Jahre lang hätten es die Griechen mit den Konservativen probiert, mit den Sozialisten oder mit beiden zugleich – nichts habe sich geändert. „Das war eine Protestwahl“, sagt Kerlidis. „Die Leute wollen nicht mehr leiden.“

Dass Griechenland unter Tsipras den Euro über Bord wirft, glaubt Kerlidis nicht. „Das sind doch nur Spielchen von ihm vor den Verhandlungen über einen Schuldenschnitt.“ Wird der Neue jetzt alles besser machen? „Ich weiß es nicht“, sagt Kerlidis wenig enthusiastisch. „Aber ich weiß, dass er ganz schnell wieder weg vom Fenster ist, wenn er es nicht schafft.“

Eine gewisse innere Zerrissenheit ist auch Konstantinos Panagos anzumerken. „Tiefer geht’s nicht mehr, Griechenland hat den Boden erreicht“, sagt der Wirt der Ammschen Wirtschaft an der Billinganlage. Ob es unter Tsipras aufwärts geht, vermag er nicht zu beurteilen. Teile des Programms würden ihn ja überzeugen, „aber wir werden ja sehen, ob die so dynamisch sind, wie sie es vorgeben“, sagt er skeptisch. Das Ziel, die Reichen und Superreichen mehr zur Kasse zu bitten, da ist sich Panagos sicher, werde verfehlt. „Die haben ihr Geld doch längst im Ausland in Sicherheit gebracht.“

Herbert Meyerhöfer zeigt Verständnis für das „emotionale“ Votum der Griechen. „Sie haben sich gegen die alten Seilschaften entschieden, sie wollen einen Neuanfang, eine vernünftige Perspektive, weil sie das Vertrauen in die Regierenden verloren haben“, analysiert der frühere Direktor des Fürther Schliemann-Gymnasiums, der wie Spiros Garos zu den Menschen zählt, die die Städtepartnerschaft zwischen Fürth und Xylokastro geknüpft haben.

Meyerhöfer glaubt ebenfalls, dass die neue Regierung es nicht riskieren wird, aus der Euro-Zone zu fliegen. „Ich hoffe, man wird einen Modus vivendi finden, um den Euro zu behalten, aber die Situation in Griechenland zu verbessern.“ Im September wird er mit 45 weiteren Teilnehmern einer „Fürther Bürgerreise“ nach Xylokastro aufbrechen. „Ich glaube nicht“, sagt Herbert Meyerhöfer, „dass wir dann mit Drachme bezahlen müssen.“

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