Gegen die Stromtrasse: Zwei Dörfer entfachen Flächenbrand

8.3.2014, 11:00 Uhr
Gegen die Stromtrasse: Zwei Dörfer entfachen Flächenbrand

© Martin Schutt / dpa

Herr Brak, es gilt das Sankt-Florians-Prinzip: Die Stromtrasse will keiner. Die rund 400 Bewohner von Raitersaich und Clarsbach aber sind überzeugt, bessere Argumente zu haben, um von der Strom-Autobahn verschont zu bleiben. Was macht die besondere Situation aus?

Brak: Ganz einfach: Wir haben schon genug Großmasten. Im Westen grenzt mit dem Umspannwerk von Bayernwerk ein Wald von bis zu 60 Meter hohen Masten an, der so groß ist wie fünf Fußballfelder. Nördlich läuft noch eine Hochspannungsleitung vorbei. Im Südwesten haben wir auf dem Sondergebiet erneuerbare Energien eine große PV-Fläche, zwei Windräder und die Rapsölmühle — das ist unser Beitrag zur Energiewende. Würde Amprion auf die Ersatztrasse umschwenken, wären wir rundum von Masten und Energieanlagen eingekesselt, die Orte könnten sich in keine Richtung mehr entwickeln.

Nun wären Sie aber nur von einer Alternativplanung betroffen, die Vorzugsvariante verläuft östlich von Nürnberg.

Brak: Auslöser unseres Protests war die überregionale Berichterstattung. Da klang es fast so, als käme es uns auf ein paar Masten hin oder her nicht an. So wollten wir das nicht stehen lassen. Nicht dass Amprion bei all dem Radau der Bürger im Bereich der Vorzugsvariante im Osten Nürnbergs auf die Idee kommt, bei uns rührt sich nichts, also weichen wir nach Westen aus. Wir wollen ein klares Signal setzen, dass wir schon genug bedient sind. Und das nicht nur, indem wir bemalte Bettlaken an die Zäune hängen und Unterschriften sammeln.

Auf den Betttüchern steht nun der Slogan „Die Trasse brennt – Franken wehrt sich“. Das klingt nach weit mehr als einer örtlichen Aktion?

Gegen die Stromtrasse: Zwei Dörfer entfachen Flächenbrand

© Scherer

Brak: Es war weder vorgesehen noch geplant, dass der Aktionstag solche Kreise zieht. Aber der Hochspannungs-Stammtisch, zu dem ich mit ein paar Handzetteln eingeladen hatte, um das Stimmungsbild abzufragen, hat enorme Dynamik entwickelt. Selbst aus Gemeinden jenseits der Kreisgrenze sind Leute gekommen. Roßtals Bürgermeister Johann Völkl hat die Schirmherrschaft übernommen und die anderen Bürgermeister aus dem Landkreis mit ins Boot geholt, sodass Richtung Norden die Gemeinden bis Obermichelbach Feuer entzünden. In Richtung Süden reicht die Lichterkette bis Trachenhöfstatt hinter Heilsbronn.

Sie sind Grünen-Marktrat, die Kommunalwahlen sind nicht weit. Welche Rolle spielt das für Ihr Engagement kontra Stromtrasse?

Brak: Ich wohne in Raitersaich, ich bin von den Leuten angesprochen worden, dass wir etwas machen müssen. Für mich geht es bei der Aktion nicht um Parteipolitik. Das ist auch Konsens bei allen beteiligten Bürgermeistern, das Parteibuch bleibt beim Aktionstag zuhause.

Mittlerweile gibt es Protest von Kommunalpolitikern landauf, landab, ein Planungsstopp ist gefordert, Horst Seehofer hat sein Nein zur Trasse verkündet. Wie glaubwürdig finden Sie denn das vor dem Hintergrund, dass kaum einer etwas gewusst haben will?

Brak: Ich möchte mich an dieser Stelle sehr ungern über andere Politiker äußern. Kommt noch hinzu, dass die Stromtrasse sehr geschickt mit der Energiewende verknüpft wurde, hinter der laut Umfragen 90 Prozent der Deutschen stehen. Nur wenn dann klar wird, dass die Leitung nicht etwa den Windstrom von der Küste, sondern den Strom aus den Braunkohle-Revieren Sachsen-Anhalts in den Süden Deutschlands leiten soll und er von dort dann auch noch bequem ins europäische Ausland exportiert werden kann, ist es doch klar, dass sich die Bürger, die diese Milliarden-Investitionen als Stromkunden finanzieren dürfen, verarscht vorkommen. Dann erklären unabhängige Energiefachleute noch, dass die Trasse völlig überdimensioniert ist. Da kann beim Bürger nur der Eindruck entstehen, dass ihm das Fell über die Ohren gezogen wird.

Sollte man nicht meinen, dass der Bedarf für ein solches Mammutprojekt vorab geklärt ist?

Brak: Auf jeden Fall hätte man vielleicht nicht nur die großen Konzerne fragen sollen, was sie für die Energiewende brauchen, damit nach dem Abschalten der Atomkraftwerke im Süden Deutschlands nicht die Lichter ausgehen, sondern mehr Engagement in den Ausbau der dezentralen Energieerzeugung vor Ort investieren sollen. Wir haben anfangs noch gedacht, die Trassenführung über Raitersaich hätte etwas mit dem Umspannwerk zu tun. Doch statt auch nur einen Gedanken an den Ausbau und die Verstärkung der vorhandenen Leitungen zu verschwenden, greift Amprion großzügig in Grund und Boden anderer ein. Diese Dreistigkeit regt die Leute furchtbar auf.

Feuer im Landkreis

In Raitersaich und Clarsbach werden die Feuer am Samstag, 8. März, ab 18 Uhr entzündet. Auch in Ammerndorf, Fernabrünst, Vincenzenbronn, Cadolzburg, Horbach, Seukendorf, Veitsbronn, Retzelfembach, Puschendorf, Tuchenbach und Obermichelbach treffen sich Bürger zwischen 18 und 18.30 Uhr, um ihren Protest vorzubereiten. Um 19 Uhr sollen die Feuerstellen entlang der geplanten Trasse brennen.
 

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