Gewollt, nur nicht getraut?

3.9.2010, 08:00 Uhr
Gewollt, nur  nicht getraut?

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Die Ökofraktion sollte jedoch scheitern: Mangels rechtlicher Kompetenz lehnte der Stadtrat eine solche Resolution gegen die drei Stimmen der Grünen sowie von Horst Feist und Murat Bülbül (beide „Die Freien“) ab. Und das obwohl sich alle Fraktionen inklusive der CSU in ihren Stellungnahmen inhaltlich hinter die von den Grünen vorformulierte Resolution stellten.

„Inhaltlich bin ich voll dabei, rein formalrechtlich nur ist die Stadt in atomrechtlichen Fragen in keiner Weise zuständig und hat hier nichts zu melden“, machte Bürgermeister Thomas Zwingel klar. Würde der Stadtrat trotzdem für die Resolution stimmen, brächte er ihn in eine groteske Situation: „Als Bürgermeister hätte ich, obwohl inhaltlich dahinterstehend, die Pflicht, diesen Beschluss zu beanstanden; bitte ersparen Sie mir das“, warb Zwingel um die Nichtbefassung mit dem Antrag.

Fraktionsübergreifende Initiative gefordert

Und erhielt dabei Unterstützung von SPD-Fraktionssprecherin Sandra Hauber: „Es ist davon auszugehen, dass die Rechtsaufsicht unseren Beschluss beanstanden würde.“ Da es ihrer Ansicht nach angesichts des technischen Know-hows und der energetischen Ressourcen „überhaupt kein Problem ist, bei den Laufzeiten der alten Regierung zu bleiben“ und die Bevölkerung das Thema nicht unberührt lasse, sah sie trotzdem Handlungsbedarf. Statt der Resolution riet Hauber mit ihrer Parteikollegin Elke Zahl zu einer fraktionsübergreifenden Initiative. „Ein offener, parteiübergreifender Brief nach Berlin“, so Zahl, „wäre zielführender.“

Grünen-Fraktionschef Wolfram Schaa dagegen erachtete das Kommunalparlament sehr wohl als zuständig. Im Einzelnen ging es der Ökofraktion um die Atommeiler in Isar 1, Grafenrheinfeld, Neckarwestheim 1 und Gundremmingen — Kernkraftwerke, die einen Abstand von 83 bis 135 Kilometern Luftlinie zu Zirndorf haben und in deren Hauptwindrichtungen die Bibertstadt angesiedelt ist. Geografisch sei Zirndorf in einem Halbkreis der vier Kernkraftwerke positioniert und liege damit in einem erhöhten Gefährdungspotenzial der störanfälligen und sicherheitstechnisch unzulänglichen Altanlagen. Womit der „spezifische Bezug“ auf die örtliche Gemeinschaft durchaus gegeben sei.

Zwingel sieht keinen Bezug

Dieser „spezifische Bezug“ ist ein Schlüsselbegriff in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind demzufolge die Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, heißt es da. Nur sah Zwingel diesen „spezifischen Einfluss“ nicht, genauso wenig wie der Bayerische Städtetag, bei dem er sich vorab rückversichert habe, wie er vor dem Stadtrat sagte.

Eine Argumentation, für die Schaa kein Verständnis zeigt: „Wir hätten uns angesichts der Dramatik der Laufzeitverlängerung nichts, aber auch gar nichts vergeben, wenn wir den Beschluss gefasst hätten.“ Schließlich hätten das andere Orte schon vorgemacht. „Und die Rechtsaufsicht hätte unseren Beschluss ja immer noch einkassieren können.“ Weshalb Schaa die Stadtrats-Diskussion zusammenfassend so kommentiert: „Mög’n hätt mer vielleicht scho’ g’wollt, aber traut’ hamma uns net.“