GroKo: "Kein großer Wurf, aber die richtige Richtung"

8.2.2018, 10:00 Uhr
GroKo:

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Markus Braun darf derzeit in Doppelfunktion Auskunft erteilen – als amtierender Vertreter des Stadtoberhaupts, das sich im Urlaub befindet, und als Sachwalter des Bereichs Bildung und Schulen in Fürth, für den er kraft Amtes in der Stadtspitze zuständig ist. Aus beiden Perspektiven fällt das Fazit des Bürgermeisters mit SPD-Parteibuch positiv aus.

Gut sei es aus Sicht der Kommunen, wenn endlich "eine stabile, verlässliche Regierung" zustande kommt. "Schließlich warten wir hier auf wichtige Entscheidungen, die uns betreffen." Als da wäre? Zuvorderst nennt Braun die Digitalisierung auf Verwaltungs- und Schulebene, die Fürth, wie berichtet, massiv voranbringen möchte – mit Förderung aus Berlin.

In dieser Hinsicht sei es "ein Meilenstein", dass die voraussichtliche Regierung das sogenannte Kooperationsverbot kippen möchte, das jegliche Einmischung und finanzielle Unterstützung des Bundes im schulpolitischen Sektor auf Länderebene untersagt. Ohnehin sieht Braun dem neuerlichen Pakt aus kommunaler Sicht optimistisch entgegen, denn die Gemeinden seien schon durch die alte GroKo gestärkt worden. Das sei auch richtig so, "denn wir sind diejenigen, die vor Ort die Probleme der Menschen lösen müssen", sagt Braun.

Allem bekannten und vor allem in seiner Partei zutage tretenden Zwiespalt zum Trotz neigt auch Braun persönlich "unter Abwägung aller Aspekte" zur GroKo – zumal Neuwahlen nach seiner Überzeugung zu einer "noch schwierigeren Konstellation" führen würden. Die Stimmung in den sozialdemokratischen Reihen allerdings gibt ihm zu denken, sie sei – auch in Fürth – "sehr, sehr kritisch". Hat er gar Zweifel an der Zustimmung der Basis zum Koalitionsvertrag? "Die ist keineswegs gesichert, das wird ein knappes Ergebnis", prophezeit Braun.

Für Gerhard Fuchs, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Fürth, zählt vor allem eines: dass es bald "wieder eine handlungsfähige Regierung gibt, denn wir sind die führende Nation in Europa". Das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen hält er "nicht gerade für den großen Wurf, aber die Richtung stimmt".

Aus Sicht der Wirtschaft begrüßt er, dass viel Geld in die Bildung fließen soll. In Fürth gebe es vor allem im Berufsschulbereich erheblichen Sanierungsbedarf, auch der Ausbau der Digitalisierung ist in seinen Augen eminent wichtig. "Da dürfen wir nichts versäumen, wenn wir dabei sein wollen", so Fuchs.

Was er vermisst, ist eine Unternehmenssteuerentlastung. Das sei "umso bedauerlicher, als die USA, China und Frankreich diesen Weg gehen". Für Deutschlands exportorientierte Wirtschaft sei das ein klarer Nachteil.

"Ich bin kein Freund ihrer Partei, finde aber nicht so schlecht, was sie macht": Mit Blick auf die Kulturpolitik zieht Ewald Arenz der alten und neuen Kanzlerin allerdings einen Lautsprecher vom alten Schlag vor. Und ehe man sich versieht, wechselt der Schriftsteller und Pädagoge in den Satire-Modus: "Ein Kanzler Gauland würde sicher viel tun, um deutsche Kultur nach vorn zu bringen. Ich freue mich auf Fahnenabende und das gemeinsame Absingen von Burschenschaftler-Liedern."

Im Ernst jedoch erhofft sich Arenz von der neuen Bundesregierung, die Augen zu öffnen für ein großes Problem. "Leseförderung und Schreiben lernen liegen vollkommen im Argen." An seinem Gymnasium beobachte er, dass die Fähigkeit, flüssig mit der Hand zu schreiben, "total abgenommen hat". Es sei nicht länger hinnehmbar, dass die Bundesländer sich nicht auf grundsätzliche Anforderungen in den Grundschulen einigen können, "denn wenn Sie Lesen und Schreiben dort nicht lernen, dann lernen Sie es nie". Berlin sei letztlich nicht verantwortlich, könne aber durchaus "Akzente setzen".

Die scheinbar unendlichen Verhandlungen seit der Wahl – sie haben Peter Köninger schon ein wenig genervt. Seiner Meinung nach war das vor allem "ein Poker um die Macht". Ob zunächst Jamaika oder nun eben die GroKo, das ist dem Kreis-Obmann des Bayerischen Bauernverbands aus dem Wilhermsdorfer Ortsteil Kreben eigentlich egal. Ihm geht es insbesondere um eine "Politik, die sich an der Sache orientiert, das will auch der Bürger".

Gleiches gelte für die Landwirte, sagt der Funktionär, die nur auf diese Weise Planungssicherheit für ihre Betriebe bekämen. So litten Schweine-Mäster mit Blick auf eine möglichst schmerzfreie Ferkel-Kastration seit Jahren unter einer gesellschaftlichen Diskussion, "die über das Ziel hinausschießt". Oder das Thema chemischer Pflanzenschutz: Bauern bräuchten die Sicherheit, dass sie Mittel, die ein amtliches Zulassungsverfahren durchlaufen hätten, auch anwenden dürften.

Die Landwirtschaft benötige für ihre Probleme Lösungen, sagt Köninger noch, und sie dürfe nicht, wie zuletzt geschehen, "zwischen zwei Ministerien zerrieben werden".

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