Großer Auflauf in Veitsbronn: TV-Trödeltrupp war da

22.1.2017, 16:25 Uhr
Großer Auflauf in Veitsbronn: TV-Trödeltrupp war da

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Später Freitagnachmittag. Die Wintersonne nähert sich bedenklich dem Horizont, unter eisblauem Himmel schneidet die Kälte scharf ins Gebein. Dennoch stapeln sich auf dem Sportgelände des ASV an der Straße zwischen Veitsbronn und Obermichelbach die Autos, drängen sich mehrere Hundert Schaulustige vorm Absperrband zum Fußballplatz, hinter dem ein halbes Dutzend Aufpasser mit freundlich-entschlossener Miene dafür sorgt, dass vorerst keiner durchkommt.

Der Blick durch den Maschendrahtzaun bietet Vielversprechendes: Auf einem vom Schnee freigeräumten Fleck inmitten des Platzes stehen mehrere Klapptische mit allerlei Gegenständen. Blau und braun schimmern Utensilien in der Sonne, die keine Kraft zum Wärmen hat. Wer kann, wärmt sich in der Sportgaststätte und gibt seinen Sitzplatz nicht mehr auf.

Immerhin, die Presse darf passieren - und kriegt das zu sehen: Ein wunderschön kitschiges Bild von Elfen, die eine schlafende Märchenprinzessin umspielen. Solche Bilder hingen zur Jahrhundertwende in Uromas Kinderzimmer. Süß! Und sonst? Viel blaues Glas, gut drei Dutzend Schneekugeln, drei Tische voller Schnitzereien aus Afrika und Asien: Masken, stilisierte nackte Gestalten, Souvenirs, wie sie jeder Touristenshop feilbietet. Eine Sammlung von Fotoapparaten, darunter eine alte Voigtländer. Eine große und mehrere winzige Kaminuhren, eine Petroleumlampe, ein Hackbrett, bloß ohne Klöppel, sowie mehrere Modellautos und ein paar mehr oder minder kitschige Landschaftsbilder.

Die Regisseurin heißt hier Realisatorin

Der Witwer, der sich davon trennt, lebt in Veitsbronn, verrät die Regisseurin, beziehungsweise Realisatorin. Den Begriff Regisseurin vermeidet sie, schließlich handele es sich hier um eine "Documentary". Mit seiner Frau hatte der Mann viele Reisen unternommen, doch nach deren Tod zieht er nun zu seiner Tochter nach Frankfurt am Main. Da heißt es Abschied nehmen, nicht nur von der Heimat, sondern auch von alten Dingen, die man einst liebgewonnen hatte.

Der Witwer befindet sich gerade zuhause, wo Mauro mit der zweiten Realisatorin noch Aufnahmen macht. Hinter den Tischen treiben die Serienstars Otto und Sükrü Schabernack mit ihren Helfern, zehn Frauen und Männer aus dem Ort, die freiwillig beim Entrümpeln und Aufbauen mitgeholfen hatten und alle das "Trödeltrupp"-Hemd tragen. Immer wieder blicken sie zu der wartenden Menge am Einlass. "Die Leute sind alle bloß neidisch auf uns, weil der Sükrü uns in den Arm genommen hat", mutmaßt eine Helferin. "Die stehen alle Schlange, damit sie auch ins Fernsehen kommen", raunt ihr Kollege.

Ausstrahlung wohl erst im nächsten Winter

Die Sonne sinkt hinter den Horizont, die polarblaue Stunde der Dämmerung bricht an. Worauf warten die eigentlich noch? Da steigt eine Drohne mit Minikamera auf und umschwirrt mit dem Summen eines Bienenschwarms in zehn Metern Höhe die Tische mit allen Hinterlassenschaften. "Nicht zur Drohne hochgucken", mahnt Otto. Klar, sonst merkt man ja, dass alles bloß auf Effekt inszeniert ist. Noch völlig offen ist, wann es die Veitsbronner "Trödeltrupp"-Folge zu sehen gibt. "Wahrscheinlich erst nächsten Winter", schätzt Sükrü. "Aber schauen Sie vorsichtshalber im Internet nach."

"Okay, vielen Dank, jetzt geht in die Gaststätte und wärmt euch auf." Otto entlässt seine Helfer. "Natürlich könnt ihr wiederkommen und kaufen, wenn euch etwas gefällt. Aber zieht eure 'Trödeltrupp'-Hemden aus."

Das Tageslicht reicht nun nicht mehr für einen Blick auf die Trödelware. Braucht es auch nicht, denn bald soll das Flutlicht alles in gleißende Helligkeit tauchen. Alle warten nun auf Mauro und den Witwer, der gar nicht weiß, dass seine Sachen derart auf dem Sportplatz präsentiert werden. Aber Mauro ist, wie es heißt, im Stau steckengeblieben. Inzwischen geben die ersten Schaulustigen auf und fahren davon.

Lang ist die Wartezeit derer, die im Stau von der Zufahrt auf die Landstraße ausharren und nach Hause wollen. Dahin, wo es warm und gemütlich ist. Wo die Souvenirs des eigenen Lebens warten. Wo Besitz Sicherheit vorgaukelt, und wo die Angst lauert, dass man eines Tages selbst all seine Schätze hergeben müsste. Vielleicht gar vor laufender Kamera.

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