Großhabersdorf: Archäologische Funde im "Gelben Löwen"

17.9.2018, 16:00 Uhr
Großhabersdorf: Archäologische Funde im

© Juliane Pröll

Thomas Liebert kniet in einer kleinen Vertiefung im Boden. Vorsichtig lässt der Kreisheimatpfleger und Archäologe einen Sauger über die rohen Steine gleiten. In der ehemaligen Gaststättenküche des Hauses konzentrieren sich die Entdeckungen aus längst vergangenen Zeiten. "Dieser Raum steht exemplarisch für das ganze Gebäude", erklärt Liebert. Vor ungefähr sechs Wochen hat der Wissenschaftler mit der Freilegung und Dokumentation der Funde begonnen.

Alles begann damit, dass die Bauarbeiter auf eine historische Wasserleitung stießen, eine sogenannten Deichelleitung — ein in Längsrichtung durchbohrter Holzstamm. "Früher war das eine billige Möglichkeit, Wasserleitungen herzustellen", weiß Liebert. Das Holz-Utensil wurde dokumentiert und geborgen, um festzustellen aus welchem Jahrhundert er stammt; die Ergebnisse der Jahresring-Datierung stehen noch aus. Durch den feuchten Boden erhalten sich, so der Archäologe, organische Materialien unter Ausschluss von Sauerstoff gut. Daneben wurden auch Reste eines Lederschuhs und ein Kruseler-Püppchenkopf aus hellem Ton geborgen.

Die meisten Funde, wie etwa die Kochstelle oder die Pflastersteine, sind laut Liebert vermutlich im Mittelalter anzusiedeln. Der Schweinekoben könnte aus der frühen Neuzeit um das 17. Jahrhundert herum stammen. Im Boden ist hinten in der Ecke ein langer schwarzer Streifen zu sehen — die Überreste eines Holzbalkens. Er zeugt von einem Brand, den es hier einmal gegeben haben muss.

Hier loderten die Flammen

Das heutige Gasthaus wurde vermutlich nach dem Dreißigjährigen Krieg, der große Teile des Dorfes zerstörte, neu aufgebaut. Die Brandschichten in den verschiedenen Räumen lassen den Experten schlussfolgern, dass in dem vorher dort existierenden Gemäuer die Flammen loderten. Bisher war in keiner Schriftquelle vermerkt, dass es dort, wo der "Gelbe Löwe" heute steht, bereits zwei andere Bauten gab.

"Wir haben hier Strukturen vom Vorgängergebäude", meint Liebert. Das schließt er unter anderem aus der spätmittelalterlichen Herdstelle. Von der ist nur noch der Boden aus roten Ziegeln übrig geblieben. Früher sei die Stelle aufgemauert gewesen, sagt der Kreisheimatpfleger. Unten konnte man Holz zum Trocknen lagern, darüber habe sich eine ebene Steinplatte befunden, auf der Feuer gemacht wurde. Darauf stellte man dann die Töpfe. Auch Keramikscherben von Gefäßen aus dem 14. oder 15. Jahrhundert wurden gefunden.

"Möglicherweise könnten das die Töpfe sein, mit der man auf der Herdstelle gekocht hat", so Liebert. "Wir haben hier einen der seltenen Befunde, wo wir zu den Töpfen auch die Kochstelle fanden." Er schätzt, dass sich viele der Gefäße wieder zusammensetzen lassen.

Alles bleibt erhalten, aber nicht sichtbar

Die archäologischen Entdeckungen wirken sich auch auf die weiteren Sanierungsarbeiten aus. 20 Zentimeter dick sollte die ursprünglich geplante Fußbodenplatte sein, diese werde nun nicht so stark ausfallen, berichtet Lisa Zimmermann vom zuständigen Architekturbüro. Denn auf die Funde kommt zunächst eine Überdeckung, die sie schützt. Dann wird der Boden darüber verlegt.

Das heißt, alles bleibt zwar erhalten, sichtbar wird aber nichts mehr sein. Von einem Glaseinlass über der Stelle rät der Archäologe eher ab: "Das ist einerseits schön, andererseits ist das immer schwierig, weil dafür ein klimatisch abgeschlossener Raum geschaffen werden müsste." Durch die Bodenfeuchte würden sonst die Scheiben beschlagen, Farne und Moose wachsen.

Die Gemeinde will sich überlegen, wie mit den Exponaten verfahren wird, sobald alles zusammengetragen ist und die Untersuchungen abgeschlossen sind, sagt Bürgermeister Friedrich Biegel. Das kann allerdings noch etwas dauern: "Bis in einem guten Meter Tiefe müssen wir hier mit Archäologie rechnen", so Liebert. Es könnten also im weiteren Verlauf der Bauarbeiten durchaus noch Überraschungen warten.

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