Gut gebrüllt, Löwe, gut geleuchtet, Mond

30.7.2016, 15:40 Uhr
Gut gebrüllt, Löwe, gut geleuchtet, Mond

© Foto: TKKG

Haben da wieder zwei Zuschauer vergessen, ihr Handy auszuschalten? Nein. Zimmermann Squenz versucht nur verzweifelt, seine Handwerkertruppe, die vor Elfenkönig Oberon eine Komödie aufführen will, zur Probe zusammenzutrommeln. Diese sechs Unglücksraben, eigentlich ja nur Nebenrollen, sind so liebevoll in heutige Berufskleidung (Ausstattung: Doris Hanslbauer) gesteckt, spielen ihre Naivität so hingebungsvoll und komisch, dass schon dies allein den Abend lohnt.

David Riedels Zettel zeigt als fränkischer Polizist, welche Rollen er alle drauf hätte. Ralf Ahlborn beweist als Schneider, dass auch die Verkörperung des aufgehenden Mondes eine große Aufgabe darstellen kann. Und alle miteinander kommen sie mit ihrem kuriosen Auftritt bei Oberon (Michael Nowak mit staatstragendem Pomp und in seiner zweiten Rolle als Herzog Theseus der perfekte Hallodri) gut an: „Gut gebrüllt, Löwe, gut geleuchtet, Mond.“

Das Theater aus dem KulturKammerGut (TKKG) hat zum Shakespeare-Jubiläum 17 Akteure aus der freien Szene engagiert, die nicht nur in den vielen Liebeswirrungen ihre Talente ausspielen. Karsten Kunde ist als Kobold Puck mit blankem, blauem Oberkörper und grellroten Lippen von vornherein eine Erscheinung, zu der der eingespielte Meat-Loaf-Song „Hot Summer Night“ perfekt passt. Wie er artistisch die hohe Mauer der Stadtparkbühne bewältigt und mit Stimme und Mimik die Zuschauer in Bann schlägt, ist dann aber schon eine besondere Leistung. Seine abgeklärte Haltung zu Liebesfreud’ und Liebesleid: „Wir schau’n zu, wie’s weitergeht. Ach, was sind die Menschen blöd!“

Zudem sind auch die drei Paare, um deren Hin und Her der Gefühle es den ganzen Abend geht, stimmig besetzt. Der schlaksige Erik Streit tappt als Lysander verzweifelt von einer Angebeteten zur anderen. Varvara Imas, eine 2016er-Helena in Jeansklamotten, verkörpert Hingabe, Wut und Verzweiflung wie ein Teenie mit Facebook-Account.

Der Sprung vom wunderbaren Text (Übersetzung: Oliver Karbus) zu minimalen modernen Einschüben und zurück gelingt bei dieser Inszenierung überhaupt sehr gut. Wenn Puck da seinen Herrn Oberon zwischen all den kunstvoll gereimten Versen mit „Hallo!?“ anblafft und der mit einem „Heul doch!“ kontert, wirkt das nicht mühsam für ein junges Publikum zurechtgeschnitzt, sondern wie eine Zeitreise, die beweist, dass sich bei manchen menschlich-allzu menschlichen Themen in 400 Jahren nicht besonders viel verändert hat. Wenn etwa Lysander von Helenas schönen Augen spricht, ihr dabei aber nur auf die Brüste stiert, ist klar, warum Shakespeare das Publikum immer noch fasziniert.

Mega-Schweif

Die Hippie-Elfen im Haschrausch, die Handwerker als Comedian-Harmonists-Sänger, Hippolytas als zum Pferd verwandelter Liebhaber mit seinem gestricktem Mega-Schweif, die zerstrittenen Liebespaare im Schlaf friedlich kuschelnd aufeinander liegend: Regisseur Markus Nondorf hat sich viel einfallen lassen für diesen Sommerspaß im Freien. Ein paar Kürzungen vor der Pause hätten dem Ganzen noch mehr Drive verliehen, aber den Ideen und der Spielfreude dieser Truppe folgt man trotzdem gespannt bis zum Schluss.

„Ein Sommernachtstraum“: Theater aus dem KulturKammerGut (TKKG), Freilichtbühne im Stadtpark. Bis 7. August täglich, 20 Uhr. Karten (16, mit ZAC-Karte 13 Euro) im FN-Ticket-Point (Rudolf-Breitscheid-Straße 19, Tel. 2 16 27 77, ZAC-Rabatt nur dort), Restkarten an der Abendkasse.

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