Gut gehütete Kärwa-Rezepte zwischen Rathaus und Freiheit

14.10.2014, 13:00 Uhr
Gut gehütete Kärwa-Rezepte zwischen Rathaus und Freiheit

© Fotos: Hans-Joachim Winckler

Manche sagen, man solle keine Eulen nach Athen tragen. Das mag sein. Wesentlich ungeschickter wäre es aber, satt auf die Kirchweih zu gehen. Zu verlockend ist, was zwischen Rathaus und Freiheit für die Besucher angerichtet ist. Die Menükarte darf sich jeder selbst erlaufen. Die Speisenfolge ist international, reicht von Asien nach Amerika, von Ungarn nach Frankreich. Friedlich vereint trifft Backfisch auf Currywurst, Liebesapfel auf Knoblauchbaguette.

Kulinarische Neuheiten stehen neben beliebten Klassikern. In die Kategorie der fränkischen Leibgerichte gehören zweifelsfrei Baggers. Lang ist die Schlange, die sich gerade wieder vor „Graubergers Baggers Gärtla“ gebildet hat. Wie viele Kartoffeln hier täglich für die Köstlichkeiten verarbeitet werden, die im Duden auf den Namen Kartoffelpuffer hören, verrät Renate Grauberger nicht. Genau wie das Rezept zählen solche Angaben zu den Betriebsgeheimnissen, sagt sie.

Zwetschgen über Zwetschgen

Die 76-Jährige lässt sich aber eine andere Zahl entlocken: „Ich habe zwei Zentner Zwetschgen zwei Tage lang zu Kompott als Zugabe zu unseren Baggers verarbeitet.“ Zimt, Nelken und Zucker spielen hierbei eine feine Rolle. „Die entsteinten Zwetschgen koche ich immer zehn-kilo-weise in drei verschiedenen Töpfen auf einmal ein.“ Eine Mühe, die von den zahlreichen Fans der Kartoffelspezialität gewürdigt wird. „Das Selbstgemachte schmeckt man sofort“, kommentiert ein Gast und weist lachend seinen blank gegessenen Teller vor.

In „Trixis Ochsenbraterei“ dreht sich heute alles um Ralph VII. Dessen Steckbrief, der gleich am Eingang des mobilen Zelt-Gasthauses hängt, verrät nicht nur den Namen, sondern macht auch klar, dass das Jungtier zwölf Monate zählte, zwölf Zentner wog und aus Haslbach stammte. „Hier kommt jeden Tag ein Ochse auf den Spieß“, erklärt Chef Christian Jacobsen (51).

Gegen zwei Uhr in der Nacht ist es stets soweit. Zwei starke Männer und ein Flaschenzug erledigen die Aufgabe, den Bratspieß zu bestücken. Wenn dann am Vormittag gegen elf Uhr die ersten Hungrigen angezogen werden, ist das Fleisch zart und durch. „Den besonderen Geschmack verleiht natürlich auch die Soße, das ist das Ah und Oh“, sagt Jacobsen. Dafür wird Gemüse angebraten, der Fleischsaft, der beim Grillen abtropft, macht den Genuss perfekt. Anton Graf, der am Spieß jetzt die Portionen abschneidet, beantwortet die Frage, warum Ochsen und nicht etwa Stiere gebraten werden: „Die feinere Marmorierung des Fleisches macht den Unterschied.“

Der große Grill bei „Trixis“ wird übrigens mit Gas beheizt, etwa 80 bis 90 Kilo werden täglich dafür benötigt, das entspricht etwa drei Flaschen Flüssiggas.

Aber wer gibt den Ochsen eigentlich die Namen? Christian Jacobsen lacht und sagt: „Ob das nun Kalli ist oder Ralph, das lassen wir uns einfallen.“

Mit Hilfe der Fliehkraft

Ein anderer Evergreen des Kärwagenusses wartet in unmittelbarer Nachbarschaft. In „Pazderas Fischrestaurant“ gibt es zum Beispiel Steckerlfische. „Dafür nehmen wir Makrelen, weil die dafür das festere Fleisch haben“, sagt Ralf Pazdera (60).

Auf den Grill, der mit Buchenretorte bestückt wird, kommen freilich auch andere Spezialitäten. „Bei uns stehen unter anderem Forellen, Baby Oktopus, Jakobsmuscheln oder Aischgründer Karpfen auf der Karte“, sagt Pazdera. Der Fachmann kennt seine Fürther und weiß: „Hier mag man auch seinen Salz- und seinen Grünen Hering.“

Und wie sieht das Kirchweih-Dessert aus? Auf eine lange geschmackvolle Geschichte blickt zum Beispiel die Kunst zurück, Zucker zu Fäden zu verspinnen bis sie zart wie Watte sind. Gleich unter dem „Wellenflug“ zaubert Jennifer Homberger (19) solche Köstlichkeiten im Stand von Susanne Grauberger und nutzt dazu – nicht anders als das Kettenkarussell – die Fliehkraft.

Ein Löffel Zucker reicht für eine üppige Portion. Eine Spur geheimnisvoller ist vielleicht die Tönung, die die bauschigen Süßigkeiten auf Wunsch annehmen. „Rot ist mit Erdbeergeschmack, grün mit Waldmeister“, zählt Jennifer auf. Und was ist mit Blau? „Das ist Schlumpf-Zuckerwatte.“

Soll man jetzt weiterfragen? Oder gehört zum Zauber der Kirchweih nicht einfach auch die Magie der Kärwa-Betriebsgeheimnisse?

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