Hechtsprünge im Knabenbad

1.9.2007, 00:00 Uhr
Hechtsprünge im Knabenbad

© Hans-Joachim Winckler

Hermann Baßler steht auf den Betonstufen, die nahe der Kißkaltschen Häuser direkt in den Fluss hineinführen, und breitet die Arme aus: Hierher kam der gebürtige Fürther, der heute in Langenzenn lebt, vor langer Zeit zum Schwimmen. Hier, im «Knabenbad» an der Rednitz, hat er überhaupt erst gelernt, sich über Wasser zu halten. Notgedrungen.

«Schwimm oder dersauf», haben seine Kameraden aus der Pfisterschule gerufen und ihn kurzerhand ins Wasser geworfen. Der 78-Jährige lacht, als er daran zurückdenkt. Ja, so war das damals. Die Schwimmschule, ein kurzer Prozess. 70 Jahre etwa ist das jetzt her.

Das Wasser verliert an diesem Nachmittag seinen trüben Ton. Verführerisch glitzert es im Sonnenlicht. Hermann Baßler deutet mit dem Arm zur anderen Uferseite hinüber: «Das Gestrüpp da drüben hat’s bei uns damals ja nicht gegeben. Da war die Liegewiese, da haben wir uns ins Gras gelegt.» Mit der nackten Haut, denn Handtücher hatten die sieben Baßler-Kinder aus der Pfeiferstraße keine. Handtücher waren Luxus.

Etwas Besonderes waren auch die Sommertage, an denen die Geschwister schwimmen gehen durften. Barfuß und in Badehosen sauste dann die ganze Bande über den alten Hardsteg, um nur ja recht schnell ins Wasser zu kommen. Im «Freibad», versteht sich, das so hieß, weil dort der Eintritt frei war. Das etwas weiter flussaufwärts, nahe der Siebenbogenbrücke gelegene «Zahlbad» kostete «irgendeinen Pfennigbetrag», und den konnten sich die Baßler-Kinder nicht leisten.

Vom Knabenbad aus führte ein Holzsteg über den Fluss. Von ihm hechteten die Buben ins nicht allzu tiefe Wasser. «Manchmal hat man sich halt die Platt’n ang’haut.» Das war es wohl wert, schließlich wollte man, sagt Baßler, die Zuschauerinnen aus dem benachbarten Mädchenbad beeindrucken.

Zu große Verunreinigung

Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war die Zeit des Fürther Flussbads vorbei. Es wurde geschlossen. Grund war die «zu große Verunreinigung» des Wassers. An eine Wiedereröffnung im Bereich der neuen Uferpromenade ist auch heute nicht zu denken.

Seit 1989 gibt es eine städtische Verordnung, die das Baden in folgenden Fürther Gewässern verbietet: Rednitz, Pegnitz, Regnitz, Waldmannsweiher, Farrnbach, Zenn und Main-Donau-Kanal.

Der stellvertretende Leiter des Ordnungsamts, Jürgen Tölk, betont in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass das Baden am Pegnitzstrand verboten ist, auch wenn keine Schilder eigens darauf hinweisen. Fachleute hätten der Stadt anlässlich der Pegnitz-Renaturierung im Jahr 2003 bestätigt, «dass die Wasserqualität zu wünschen übrig lässt».

Der Leiter des Staatlichen Gesundheitsamts, Werner Hähnlein, erklärt, dass die Wasserqualität in Fließgewässern grundsätzlich äußerst instabil ist. «Die mikrobiologische Belastung ändert sich, abhängig unter anderem von der Witterung, sehr schnell. Außerdem sind Fließgewässer oft Vorfluter für Kläranlagen und schon von daher höher mit Keimen belastet.» Die Erreger könnten dann leicht Durchfall- und andere Erkrankungen auslösen.

Hermann Baßler kam als Kind offenbar immer ungeschoren davon. Zumindest kann er sich an keinerlei Krankheiten oder Ausschläge nach seinen Badbesuchen erinnern. Inzwischen hat er Ledersandalen und Socken abgestreift und sich auf die tiefste Betonstufe der neuen Bootsanlegestelle vorgewagt.

Kühles Wasser umspielt die nackten Füße. Spaziergänger bleiben stehen, rufen herüber, ob er denn schwimmen könne? Baßler zwinkert verschmitzt mit den Augen. «Kann ich», sagt er, «und wenn’s erlaubt wär’, tät ich hier schon noch mal ein Ründchen drehen. Aber heutzutag’ machen sie doch um alles ein Theater.»