Hilferufe aus den Bädern im Landkreis Fürth

4.9.2017, 06:00 Uhr
Hilferufe aus den Bädern im Landkreis Fürth

© Foto: Heinz Wraneschitz

Jetzt im Sommer ist ein Besuch im Zirndorfer Bibertbad für Familien mit Kindern schwieriger als es klingt. Das Hallenbad ist geschlossen, und im Außenbereich gibt es kein Nichtschwimmerbecken. Wobei: Der Platz dafür wäre vorhanden, für den Bau mangelt es aber an Geld.

Hilferufe aus den Bädern im Landkreis Fürth

© Hans-Joachim Winckler

Eine Beschreibung des Ist-Zustandes liefert der Bürgermeister: "Schwimmhilfen sind im Becken nicht erlaubt, es ist aber für Nichtschwimmer zu tief", fasst Thomas Zwingel zusammen. "Das Entspannungsbecken ist zwar flach genug, ist aber nicht dafür gedacht, dass dort Kinder schwimmen lernen." Hinter der "Babypfütze" würde noch ein Nichtschwimmerbecken hinpassen. Angesichts einer Kostenschätzung, die sich zwischen 800 000 und 1,2 Millionen Euro bewegt, und der miesen Kassenlage der Bibertstadt, kann Zwingel aber nur abwinken.

Mit 70 000 bis 80 000 Besuchern im Jahr lockt das Bibertbad eigentlich genügend Besucher an, trotzdem fährt es per anno ein Defizit von 2 bis 2,5 Millionen Euro ein. "Ein Förderverein für den Bau eines Nichtschwimmerbeckens ist gerade in Gründung", erklärt Zwingel. "Aber die benötigte Summe ist einfach sehr hoch."

Wie wichtig die Realisierung des Projekts wäre, zeigt auch ein Blick in die Statistik: Mit 91 Badetoten im Jahr 2016 nimmt Bayern einen traurigen Spitzenplatz in Deutschland ein. "Ein Schwimmbad vor Ort bedeutet nicht nur Lebensqualität, sondern leistet auch einen wichtigen Dienst für die Gesellschaft", sagt Markus Rinderspacher. "Von 900 Bädern in Bayern sind 299 sanierungsbedürftig. Da muss die Landespolitik dringend eingreifen." In Mittelfranken müssen 21 von 101 Bädern dringend grundlegend aufpoliert werden, vier sind sogar von der Schließung bedroht.

Nur ein Drittel Zirndorfer

Bei einer Befragung der Badegäste wurde herausgefunden, dass nur ungefähr ein Drittel aus Zirndorf kommt, der Rest aus umliegenden Städten und Gemeinden. "Eine Kommune alleine kann es nicht stemmen, ein Bad zu betreiben und auch der Landkreis schafft das nicht", merkte Thomas Zwingel an. "Das Land muss hier die Kommunen unterstützen." Schulen, Sportvereine oder die VHS nutzen das Bibertbad für Wasseraerobic, Training oder den Schwimmunterricht. An manchen Tagen sind zwischen 8 und 21.30 Uhr Kurse im Hallenbad. Über mangelnde Auslastung kann also niemand klagen. "Investitionen für Neubau oder Sanierung werden schnell verteilt", sagte der Zirndorfer Bürgermeister. "Mit den Folgekosten für Personal und Betrieb werden die Kommunen aber dann alleine gelassen."

Staatliche Förderung von Reparaturmaßnahmen gibt es für ein Bad, wenn dort jeweils mehr als 40 Schulklassen ihre Schulschwimmkurse durchführen. Damit ist klar: Fürs Wilhermsdorfer Hallenbad gibt es für die Sanierung kein Geld "nach Artikel 10 des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) zur Förderung kommunaler Sportstätten", wie es im Amtsdeutsch heißt. Denn die örtliche Schule kann keine 40 Klassen melden, und die Bildungseinrichtungen außen herum haben ihre Schüler bereits anderswo gemeldet.

Wie mehrfach berichtet, hat eine Bürgerinitiative erreicht: Am Bundestagswahltag wird in Wilhermsdorf wie ausführlich berichtet auch über Erhalt und Sanierung des örtlichen Hallenbads abgestimmt. Von Umfang und Finanzierung ist in der Frage zum Bürgerentscheid keine Rede. Theoretisch könnte die Gemeinde "auf KfW-Mittel für die energetische Sanierung, auf Geld aus der Städtebauförderung, auf andere Zuschussmöglichkeiten zurückgreifen", wie Scheuenstuhl ausführt. Doch eigentlich wolle die SPD-Fraktion eine "Sonderförderung auf Grund der Sondersituation Sanierungsbedarf. Die anderen zu fördern und uns nicht, wäre gemein".

Der Wilhermsdorfer MdL meint damit vor allem die Nachbarkommunen Markt Erlbach und Langenzenn. "Das kann nicht sein. Schwimmbäder sind kulturelle Begegnungsorte, nicht nur Sportstätten", unterstützt Markus Rinderspacher. Passend dazu schwimmen im Pool hinter dem Glasfenster vor allem ältere Damen im Wasser und unterhalten sich angeregt.

Rinderspacher ist "guter Dinge, dass die Staatsregierung vor der Landtagswahl 2017 dieses Problem beseitigt". Auch wenn er nicht direkt von Wahlgeschenk sprechen will: Er hofft auf "zusätzliche Mitteln von 30 Millionen Euro und eine Förderquote von 50 Prozent, eventuell auch differenziert".

Das hört auch Kerstin Müller gern. Die Sprecherin der "Bürgerinitiative Hallenbad" (BI) hatte allerdings "die SPD-Einladung abgelehnt, da wir von Anbeginn an darum kämpfen, nicht als parteipolitische Gruppierung gesehen zu werden". Nachdem die BI dieser Tage gemeinsam mit der Schwimmmeisterin auch die hintersten Winkel des Bads besichtigen konnte, habe sich "der Gesamteindruck festgesetzt: Es schaut eigentlich gut aus. Weil laufend etwas gemacht wurde in den vergangenen 40 Jahren". Anders als in den Bädern der Nachbarschaft, wie Müller meint.

Nun soll im nächsten gemeindlichen Mitteilungsblatt eine Art Zustandsbericht erscheinen: Nach anfänglichem Zögern habe der Bürgermeister der Veröffentlichung zugestimmt, sagt Müller. Und das, obwohl die BI den Sanierungsbedarf offenbar rosiger einschätzt als Rathauschef Uwe Emmert.

Förderverein geplant

Falls der Bürgerentscheid am 24. September zugunsten der BI ausgeht, kündigt sie jedenfalls bereits jetzt die Gründung eines Badfördervereins an. Und Müller schwärmt förmlich von einem "Hallenbad mit einem Badeweiher davor und einem Kleinkinderareal. Das bietet sonst niemand in der Gegend", setzt sie auf mehr Besucher durch gestiegene Attraktivität.

Dass in Bayern Bäder geschlossen werden — in den vergangenen Jahren waren es insgesamt 45 —, ist für Rinderspacher jedenfalls ein Ding der Unmöglichkeit. "Und dass erst ein Schwimmbad gar erst unter Denkmalschutz gestellt, eine Kabine zum Museum umfunktioniert werden muss, um an Fördergelder zu kommen, das kann doch nicht wahr sein", bringt er am Ende noch ein ganz kurioses Beispiel vor.

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