"Himmel und Hölle": Fürther Stimmen zu Jamaika

19.11.2017, 10:00 Uhr

© Foto: Michael Kappeler/dpa

Früher war Jamaika irgendwie mehr Reggae, Bob Marley und Sonnenschein. Seit der Bundestagswahl ist der Inselstaat in der Karibik zwar dank seiner Flagge in Schwarz, Grün und Gelb in unseren Fokus gerutscht, so richtig entspannte Stimmung wie einst will sich allerdings bei den Sondierungsgesprächen für eine Regierungskoalition nicht einstellen.

Von Kurzschlüssen rät Manuela Sträßner trotzdem ab. "Ich hätte gerne eine solide Entscheidung", sagt die Geschäftsführerin der Tanzschule Streng und IHK-geprüfte Trainerin für moderne Umgangsformen. "Es nützt niemandem etwas, wenn jetzt schnell etwas beschlossen wird, bevor über alle wesentlichen Punkte wirklich Einigkeit herrscht." Sie fürchtet, dass andernfalls "der Ärger vorprogrammiert ist". Ihr Wunsch an die Verhandelnden in Berlin: "Sie müssen jetzt aufeinander zugehen."

"Gutes Potential"

Brigitte Wildner konnte bisher noch nicht viel von einer solchen Bewegung erkennen und fürchtet: "Wenn die Gesprächspartner sich nicht bewusst werden, dass sie kompromissbereit sein müssen, dann wird das nichts." Die 27-jährige Neuropsychologin hat den Eindruck gewonnen, dass sich die Vertreter am Verhandlungstisch "nicht wirklich" für das anvisierte Ziel einsetzen, sondern mehr oder weniger "auf ihre Positionen beharren". Grundsätzlich sieht Brigitte Wildner aber durchaus Chancen: "Insgesamt passen die Parteien eigentlich recht gut zueinander, weil sie ein weites Spektrum abdecken." Darin sieht sie ein "gutes Potential, denn auf diese Weise werden breite Teile der Bevölkerung mit den Themen vertreten, die ihnen wichtig sind."

Ganz konkrete Anliegen für die kommende Legislaturperiode haben Markus und StefanieHolzer, beide sind von Beruf Krankenpfleger. Wichtige Eckpunkte, die angegangen werden sollten, sind da zum Beispiel die generelle "Pflicht für eine Mindestbesetzung in der Pflege" im Krankenhaus oder die grundsätzliche "Investition in die Infrastruktur im Gesundheitswesen".

Umweltschutz hat Priorität

Einen wichtigen Komplex stellt für beide auch der Umweltschutz dar. "Ich denke, die gesamte Ausrichtung der Politik müsste hier nachhaltig geändert werden", überlegt Markus Holzer. Wünschenswert erscheint ihm etwa "die Stärkung einer kommunalen Landwirtschaft und weniger Massenproduktion von Lebensmitteln". In Sachen Klima sieht er "in der Abschaltung von Kohlenkraftwerken einen ersten Schritt". Damit verbunden sei freilich die Überlegung, wie neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Allzu große Hoffnung setzt er allerdings nicht darauf, dass eine mögliche Jamaika-Regierung, diese angedachte Liste erfolgreich abarbeitet: "Ich fürchte, es wird sich nicht sehr viel ändern."

Clemens Lutz glaubt nicht mehr daran, dass es überhaupt zu einer Regierungsbildung in Schwarz-Grün-Gelb kommt: "Das wird nix", versichert der 63-Jährige und hat einen bestechenden Vergleich für seine Vermutung: "Da sollen doch Himmel und Hölle zu einem Verein zusammenwachsen. Wie soll das denn überhaupt gehen?" Den einzigen Weg aus dem Verhandlungsdilemma der vergangenen Zeit sieht er in einem radikalen Schritt: "Neuwahlen sind für mich der einzig richtige Weg."

Bei Neuwahlen: GroKo

Eine Idee, wie das Ergebnis aussehen könnte, hat Clemens Lutz auch: "Ich glaube natürlich nicht, dass CDU/CSU noch einmal eine absolute Mehrheit bekommen könnten, auch mit der FDP als Koalitionspartner allein würde es nicht reichen. Nein, ich denke, nach möglichen Neuwahlen im nächsten Jahr gibt es eine Neuauflage der GroKo."

Die Große Koalition ("Anders geht es nimmer") hätte dann wieder die Chance, sich auf eine Gangart zu einigen. Eine Möglichkeit, die seiner Meinung nach die Jamaika-Sondierungen gar nicht haben: "Das Spektrum ist doch viel zu breit."

Eine Vorahnung für dieses Szenario hätte dann übrigens tatsächlich Bob Marley gehabt. Sein Song "Waiting in vain" vom vergeblichen Warten deutet jedenfalls so etwas an.

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