Höhere Taktung: Fürth will Nahverkehr ausbauen

19.2.2018, 06:00 Uhr
Einkaufen am späteren Samstagnachmittag ist in Fürth wegen des ausgedünnten Bustaktes lange nicht so attraktiv wie in Nürnberg und Erlangen.

© Foto: Hans-Joachim Winckler Einkaufen am späteren Samstagnachmittag ist in Fürth wegen des ausgedünnten Bustaktes lange nicht so attraktiv wie in Nürnberg und Erlangen.

Eine EU-Verordnung zwingt die Stadt, ihren Nahverkehr europaweit auszuschreiben oder direkt an den bisherigen Anbieter, die infra Verkehr, zu vergeben. Damit die Kommune nicht die Kontrolle an einen Fremdanbieter verliert, soll Letzteres geschehen. Die Zeit drängt: bis Jahresmitte muss die Stadt die Direktvergabe mit einer Art Leistungsverzeichnis europaweit öffentlich bekannt machten. Am Leistungsverzeichnis wird jetzt gearbeitet. Es heißt "Nahverkehrsplan".

Wesentliche Verbesserung soll die Neuordnung bringen. Vorschläge dazu hat das Koblenzer Verkehrsberatungsunternehmen BPV Consult im Auftrag der Stadt ausgearbeitet. Sie konzentrieren sich auf drei Maßnahmen, die laut Baureferentin Christine Lippert mit 705.000 Euro im Jahr zu Buche schlagen. Doch es werden auch Mehreinnahmen durch eine Zunahme der Fahrgäste erwartet.

Die größte Optimierung bringt nach Ansicht des mit der Untersuchung beauftragten Verkehrsplaners und Ökonomen Christian Zimmer eine Taktverdichtung am Samstagnachmittag. Das Angebot der Buslinien der infra wird samstags ab 16.30 Uhr mehr als halbiert, während es in Nürnberg bis 20.30 Uhr vollständig und in Erlangen fast vollständig erhalten bleibt. Was zur Folge hat, dass die Fürther zwar häufig Richtung Nürnberg fahren können, im eigenen Binnenverkehr das Angebot jedoch drastisch sinkt.

Mehreinnahmen bis zu 85.000 Euro

Die Kämmerin und auch SPD-Fraktionschef Sepp Körbl sind skeptisch, ob sich der Aufwand von jährlich 200.000 bis 280.000 Euro lohnt, weil die Fahrgastzahlen in Fürth bereits viereinhalb Stunden vor der Taktausdünnung um 16.30 Uhr zurückgehen. Die Befürworter, zu denen auch infra-Verkehrschef Klaus Dieregsweiler zählt, geben zu bedenken, dass dies kein Wunder ist: Wer nicht mit dem Bus in angemessener Zeit zurückfahren kann, wird dementsprechend auch nicht hinfahren. Wenn sich die Nachfrage bei einer Verlängerung des dichteren Taktes bis 20.30 Uhr wie im Nürnberger Busverkehr entwickelt, sei mit Mehreinnahmen von 55.000 bis 85.000 Euro zu rechnen.

Nicht nur die Kundschaft im Hinblick auf die längeren Geschäftszeiten und das geänderte Einkaufsverhalten haben die Verkehrsplaner im Blick, sondern auch die Beschäftigten im Einzelhandel, Kino- und Kneipenbesucher. Sie alle könnten von einer verlängerten Taktdichte profitieren.

Baureferentin Christine Lippert gibt zu bedenken, dass die jetzt "mit heißer Nadel gestrickten" Verbesserungen nicht "in Stein gemeißelt" seien. Vielmehr könnten sie nach ersten Erfahrungen korrigiert werden. Und wie der Leiter der städtischen Verkehrsplanung, Matthias Bohlinger, betont, sind die Kosten im Fürther Stadtverkehr deshalb so hoch, weil die Busse so langsam und folglich wenig attraktiv seien. Seiner Meinung nach sollte die ebenfalls nicht billige Busbeschleunigung mit Entschiedenheit in Angriff genommen werden.

Mehr Abstellanlagen für Fahrräder

Bei der Beratung in der jüngsten Bauausschuss-Sitzung begrüßte CSU-Stadtrat Joachim Schmidt das Maßnahmenpaket des Nahverkehrsplanes vorbehaltlich der Finanzierbarkeit uneingeschränkt. Auch weiteren Verbesserungen wollte er sich nicht verschließen. Er hofft, dass der Busverkehr attraktiver und billiger wird. Auch Grünen-Sprecher Harald Riedel stellte sich voll hinter die Vorschläge. Zusätzlich forderte er den Ausbau von Fahrrad-Abstellanlagen an den Knotenpunkten von Bus und Bahn sowie eine gewisse Anschluss-Sicherheit. Für Fahrradparkplätze stehen nach Bohlingers Angaben sogar Fördermittel in Aussicht.

Auch eine Taktverdichtung unter der Woche in den Abendstunden sollte nach Ansicht von SPD-Stadtrat Markus Dinter-Bienk auf seinen Nutzen hin abgeklopft werden. Auf Anregung der Grünen wird ferner eine bessere Busverbindung vom Espan zur Poppenreuther Kirche mit der Linie 175 untersucht.

Angriff auf die Bus-Schwachstellen

Die Bus-Erschließung des Fürther Hafengebiets über die Mainstraße, des westlichen Golfparks und der Hardhöhe West lässt zu wünschen übrig. Im Auftrag des Landkreises verkehren hier aber schon die Buslinien 125 und 126. Mit einem zusätzlichen Umlauf könnten sie zur besseren Anbindung dieser Zonen genutzt werden. Die Kosten werden auf 215.000 Euro geschätzt. Eine neue Linie würde hingegen mit 500.000 Euro zu Buche schlagen. Durch Einsparen der schwach genutzten Hardhöhe-West-Linie 176 könnten die Kosten um weitere 30.000 Euro reduziert werden.

Als zu lückenhaft wird auch die Erschließung der westlichen Innenstadt und der südlichen Vacher Straße eingestuft.Ein Ergänzungsangebot, das insbesondere Menschen Rechnung trägt, die nicht so gut zu Fuß sind, wird schon lange gefordert. Doch die Kosten erschienen den Verkehrsplanern bisher zu hoch. Auf rund 240.000 Euro schätzen sie den Aufwand für eine Minibuslinie, die im 40-Minuten-Takt montags bis samstags in den Haupt- und Nebenverkehrszeiten Umsteigemöglichkeiten zu allen innerstädtischen Buslinien sowie eine Verbindung zum Hauptbahnhof und zum Nahversorgungszentrum an der Endhaltestelle Conrad-Stutz-Weg schafft.

Einstimmig hat der Bauausschuss grünes Licht zum Ausfeilen der Maßnahmen des Nahverkehrsplanes signalisiert. Die Neuregelung des Fürther Busverkehrs soll am 3. Dezember 2019 in Kraft treten.

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