Im Ratssaal nehmen zwei Pioniere Platz

20.3.2014, 06:00 Uhr
Im Ratssaal nehmen zwei Pioniere Platz

© Hans Winckler

„Fröhlich und gemütlich“ – so beschreibt Aydin Kaval das Zusammentreffen mit den künftigen Stadtratskollegen. Es war wohl eher eine Feierstunde als ein Arbeitstreffen, denn bis zur ersten Sitzung des neuen Stadtrats im Mai dauert es ja noch über einen Monat. Gedanken über ihre künftigen Schwerpunkte in der Kommunalpolitik haben sich Kaval, Feinmesstechniker von Beruf, und Yesil, der ein Mobilfunk-Fachgeschäft in der Fußgängerzone betreibt, indes schon längst gemacht.

Während sich der 52-jährige Aydin Kaval vor allem in der Senioren- und Bildungspolitik engagieren möchte, will der zwölf Jahre jüngere Ayhan Yesil seinen Fokus eher auf Jugend- und Wirtschaftsthemen legen. Dass er als gewählter Vertreter der Bürgerschaft künftig das Schicksal seiner Geburtsstadt mitbestimmen wird, kann der selbstständige Unternehmer dabei immer noch nicht ganz fassen. „Die ersten Glückwünsche habe ich noch in der Wahlnacht erhalten“, berichtet er und strahlt übers ganze Gesicht. „Am Montag hat Bürgermeister Braun dann angerufen und die Wahl offiziell bestätigt.“

Aydin Kaval erzählt vom großen Interesse, speziell der Migranten, an der Kommunalwahl. „Ich werde ständig darauf angesprochen, mit so einer großen Resonanz hätte ich wirklich nicht gerechnet.“ Nicht dass dem als Kind nach Fürth gekommenen Kaval das Wirken in der Öffentlichkeit fremd wäre, ist er doch als Betriebsrat und im ditib-Vorstand aktiv und war auch schon Vorsitzender des städtischen Integrationsbeirats; aber ein Stadtratsmandat hebt sein Engagement noch einmal auf eine andere Ebene.

„Dass wir beide nun gewählt wurden, sehe ich als Signal und als Türöffner für die nächsten Generationen: Unsere Zukunft liegt in Deutschland und in Fürth“, betont Kaval. Zwei Mentalitäten, die deutsche und die türkische, kennt und lebt er. „Und ich kann nicht sagen, welche die bessere ist. Jede hat ihre Berechtigung.“ Kaval hofft, dass sich türkische Lockerheit und deutsche Diszipliniertheit weiter gegenseitig befruchten – ab jetzt auch im Stadtrat.

Dabei legen beide Männer Wert darauf, „nicht nur die türkische Schiene“ zu vertreten, sondern alle Migranten. „Jedes dritte hier geborene Kind hat einen Migrationshintergrund“, betont Yesil. Deshalb wolle er in den nächsten sechs Jahren noch mehr ethnische Gruppen einbinden.

Nach dem anstrengenden Wahlkampf sei er nun zwar „fix und fertig“, doch die vielen Glückwünsche freuen ihn sehr. „Meine Facebook-Seite ist schon voll mit Kommentaren“, erzählt der zweifache Familienvater.

Mehr Zusammenhalt

Aydin Kaval, ebenfalls verheirateter Vater zweier Kinder, möchte in der kommenden Wahlperiode den Zusammenhalt der gesamten Fürther Bevölkerung stärken, hat aber bereits konkrete Anliegen. Angesichts der alternden Bevölkerung – und davon sind Migranten natürlich nicht ausgeschlossen – sieht er „Engpässe im sozialen Bereich“, die es etwa im Klinikum durch kulturspezifisch geschultes Personal zu schließen gelte.

Und mit der althergebrachten Einschätzung, Fürth ziehe nicht an, halte aber fest, wolle er ebenfalls aufräumen – schließlich wachse die Bevölkerungszahl kontinuierlich. „Der Spruch müsste also umgeschrieben werden“, meint Kaval. „Fürth zieht an und hält umso mehr fest.“ Ihn selbst schon seit über 40 Jahren.

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