Imagekampagne: Fürth strebt ins Rampenlicht

24.7.2017, 06:00 Uhr
Viel Denkmal, reichlich Innovation, hohe Lebensqualität - doch Fürth, so ergab eine Befragung, stellt sein Licht unter den Scheffel. Mit 400 000 Euro will man nun am Image-Defizit arbeiten.

© Hans-Joachim Winckler Viel Denkmal, reichlich Innovation, hohe Lebensqualität - doch Fürth, so ergab eine Befragung, stellt sein Licht unter den Scheffel. Mit 400 000 Euro will man nun am Image-Defizit arbeiten.

7000 sozialversicherungspflichtige Stellen mehr als vor 15 Jahren und eine erwartete Verdopplung der Gewerbesteuer von über 30 Millionen Euro im Jahr 2009 auf mehr als 60 Millionen Euro heuer. Und das trotz des Wegfalls von Grundig und Quelle und trotz des Abzugs der US-Armee. Fürth kann auf seine wirtschaftliche Entwicklung in der jüngsten Vergangenheit stolz sein, findet Oberbürgermeister Thomas Jung.

43 Chefs namhafter örtlicher Unternehmen stimmen ihm da zu. Sie gaben in einer qualitativen Befragung unter anderem zu Protokoll, herausragende Leistungen der Fürther Wirtschaft würden zu wenig vermarktet – wie man generell die Öffentlichkeitsarbeit für die Kleeblattstadt für verbesserungswürdig halte. Schließlich gebe es noch viele weitere Pfunde, mit den man wuchern kann: den Titel "sicherste Großstadt Bayerns" etwa, "erste Wissenschaftsstadt Bayerns" und Denkmalstadt mit der höchsten Denkmaldichte aller Großstädte im Freistaat.

Das ist eines der Ergebnisse der Studie "Der Wirtschaftsstandort Fürth – Image und Perspektive", die nach zweieinhalbjähriger Arbeit nun der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der Anstoß zur Untersuchung sei von der Wirtschaft selbst gekommen, berichtet IHK-Geschäftsführer Gerhard Fuchs und bedauert: "Fürth wird nicht so als Wirtschaftsstandort wahrgenommen, wie es seiner Bedeutung gerecht würde." Immerhin käme jedes siebte der derzeit 140 000 Mitglieder der IHK Nürnberg für Mittelfranken aus Fürth.

Gibt der Wirtschaftsausschuss an diesem Montag grünes Licht, will die Stadt zunächst einen Wettbewerb unter Werbeagenturen ausrufen. Themenstellung: Wie lässt sich das Image Fürths verbessern? Mitte 2018, passend zum 200-jährigen Jubiläum der Stadterhebung, könnte dann das Siegerkonzept starten – sofern es vorher die Zustimmung des Stadtrats findet.

Schwerpunktmäßig sollte sich die Kampagne an die eigene Bevölkerung richten, findet der OB. Denn: "Die authentischsten Botschafter einer Stadt sind die Bürger." Mindestens 400.000 Euro müssten dafür in die Hand genommen werden; ein Viertel der Summe soll die Wirtschaft zuschießen, so die Wunschvorstellung.

Versteckte Sieger

Wie Fürth in der überregionalen Presse ankommt, zeigt eine Auswertung von 233 Artikeln der Süddeutschen Zeitung, die seit 2000 erschienen sind. Andere überregionale Medien berichteten nicht in nennenswertem Umfang über die Kleeblattstadt. Größter Imageträger ist demnach die SpVgg Greuther Fürth (Analyse ohne Einbeziehung der Spielberichte), gefolgt von den Themen Spielwaren, Simba Dickie, Quelle und Uvex.

Die 43 befragten Experten assoziieren mit Fürth vor allem die Attribute "aufstrebend", "vielfältig" und "fortschrittlich" - wobei sie Letzteres für das wichtigste halten und zu 80 Prozent erfüllt sehen. Eine große Diskrepanz gab es bei den Eigenschaften "traditionell", "bieder" und "zurückhaltend": Sie erachten die Interviewten als am wenigsten bedeutend – aber zu 113, 125 oder gar 173 Prozent als übererfüllt.

"Das spiegelt unsere Mentalität", resümiert Wirtschaftsreferent Horst Müller. So verstünden sich auch viele der befragten Unternehmen als "Hidden Champions" (Heimliche Gewinner): In ihrem Segment sind sie zwar Marktführer, aber sie machen wenig Aufhebens darum.

Ein erneutes Wirtschaftswunder wie in den 1950er Jahren halten die Befragten eher für unwahrscheinlich, sie betonen aber: "Kleine Wunder gibt es in Fürth in Vielzahl". Darüber freut sich Wirtschaftsreferent Müller, zumal die Entwicklung der Neuen Mitte oft als Beispiel genannt wird.

Befragt wurden die ausgewählten Unternehmenschefs, die überwiegend kleine und mittlere Betriebe leiten, in Einzelinterviews von IHK-Mann Fuchs und von Thomas Dreykorn, Mitarbeiter im Wirtschaftsreferat. Dessen Eindruck von den jeweils mehr als einstündigen Gesprächen war durchweg positiv: "Die Leute waren froh, dass wir da waren und sie mit ihren Sorgen und Nöten, aber auch ihren Wünschen angehört wurden."

Altes Image

Lange habe die Kommune wenige Arbeitsplätze für Akademiker zu bieten gehabt, bilanziert Dreykorn. Unter anderem mit der Ansiedlung des Landesamts für Statistik, von wissenschaftlichen Lehrstühlen und mit dem Ausbau der Wilhelm-Löhe-Hochschule habe sich das aber zu ändern begonnen.

Ohnehin hafte der Stadt noch zu sehr das Image der Industrie- und Handelsstadt an, die sie einst war - oder gar der "grauen Maus", aus der doch längst eine grüne, überaus lebenswerte Stadt geworden sei, so Fuchs.

Bei einem großen, immer wieder genannten Kritikpunkt, dem Fehlen freier Gewerbeflächen, ist die Stadt schon aktiv geworden. Man habe in den vergangenen Monaten rund 250 000 Quadratmeter Fläche, zu 90 Prozent im Hafenumfeld, erworben, sie soll nun gewerblich entwickelt werden", sagt der Rathauschef. Raum sei dort für etliche Mittelständler, die meist einen durchschnittlichen Platzbedarf von 2000 bis 4000 Quadratmetern für ihre Betriebe hätten. Ansprechen will die Kommune jeweils zur Hälfte bereits in Fürth beheimatete sowie auswärtige Unternehmen.

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