In alter Tradition gestickt, geschnitzt und gemeißelt

26.5.2017, 16:00 Uhr
In alter Tradition gestickt, geschnitzt und gemeißelt

© Foto: Blind

Handwerkskünstler, die nach alter Tradition Gebrauchs- und Ziergegenstände anfertigen, gibt es heutzutage nur noch selten. Technisierung und Globalisierung haben das alte Handwerk so gut wie verdrängt. Doch gerade in Zeiten unübersichtlicher Massenproduktion schafft Tradition Orientierung, findet Georg Büttner, Vorstand des Heimat- und Kulturvereins Stein: "Man darf ja nicht vergessen, wo man herkommt – sonst weiß man nicht, wo man hin soll."

Die Handwerkskunst schweißt selbst in einer schnelllebigen Welt zusammen. Jede Partnerstadt zeichnet sich durch ihre ganz eigenen Schnitzereien, Holzarbeiten und Stickereien aus. Doch so unterschiedlich die Gemeinden auch sind – die Liebe zum Handwerk verbindet sie alle, findet Büttner. Dieser Gedanke gab den Anstoß, um die alte Handwerkskunst zum Motto der gemeinsamen Ausstellung zu machen.

Die Exponate demonstrieren, dass die Künstler selbst nüchternste Materialien mit buntem Leben füllen können. Aus dem französischen Guéret bezeugen dies beispielsweise die Arbeiten des Steinbildhauers Marcel Chalumeau. Granit, Kalk- und Sandsteinblöcke wandelt der Meister in märchenhaft anmutende Tiermotive um. Zunächst Unscheinbares wird hier zu Einzigartigem.

Tierisch geht es auch im polnischen Puck zu: Was auf den ersten Blick nach drolligen Vögeln, Maulwürfen und Fischen aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als eine Sammlung extravaganter Schnupftabakdosen. Diese sind in Puck äußerst begehrt. Einem kaschubischen Sprichwort zufolge ist Tabak nämlich nicht für den Kopf, sondern für die Nase gut – geraucht wird das Kraut hier nicht. Stattdessen eignen sich die Schnäbel, Schnauzen und Mäuler der tierischen Dosen bestens zum Schnupfen.

Falkenstein im sächsischen Vogtland präsentiert derweil letzte Überbleibsel einer einst florierenden Industrie. Ob handgefertigte, raffinierte Klarwerkspitze oder edle, englische Honiton-Spitze – die ausgestellten Arbeiten zeugen von dem einstigen Glanz vogtländischer Stickerei. Zu ihrer Blütezeit Anfang des 20. Jahrhunderts gab es über 300 Stickereien in der Region. Heute ist die gewerbliche Stickerei ausgestorben, 2016 musste der letzte Betrieb schließen.

Ganz so düster sieht es für das Kunsthandwerk aber nicht aus: Die Schnitzerei erfreut sich im Vogtland immerhin nach wie vor großer Beliebtheit. Seit dem 17. Jahrhundert wird im Erzgebirge Schnitzkunst betrieben, sie gilt mittlerweile als Volkskunst. Mit strammem Soldaten, kräftigen Milchmädchen und wilden Bären stellt der Schnitzverein Falkenstein unter Beweis, welch charmante Form ein simples Stück Holz annehmen kann.

"Altes Handwerk aus den Partnerstädten": Bis Oktober kann die Sonderausstellung an jedem dritten Sonntag im Monat besichtigt werden, der Eintritt ist frei. Die offizielle Eröffnung findet am Samstag, 27. Mai, statt. Eine Vernissage im Rathaus und ein Kunsthandwerksmarkt bieten am Jubiläumswochenende zudem die Möglichkeit, weitere Unikate zu bestaunen.

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