In der Austraße wird ein ganzes Wohnhaus angehoben

13.9.2018, 11:26 Uhr
In der Austraße wird ein ganzes Wohnhaus angehoben

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Vor vier Jahren hat sich das Wohnhaus von Manfred Deinhardt in der Austraße, Ecke Flößaustraße gesenkt. Als nebenan der ehemalige Schickedanz-Kindergarten abgerissen und der Neubau einer Eigentumswohnanlage in Angriff genommen wurde, geriet sein Haus in Bewegung. Zunächst fiel nur die Stereoanlage aus, dann streikte die Brandmeldeanlage. Schließlich bekam das Gebäude Risse und Wasser drang herein. Auch der Fußboden senkte sich. Ärgerlich für den Besitzer, der seither mit dem Bauherrn des Nachbargebäudes in Sachen Schadensregulierung im Clinch liegt.

Injektionen nötig

Den Ausgang des Rechtsstreits wollte Deinhardt allerdings nicht abwarten. Selbst Ingenieur, hat er sich umgesehen, wer helfen kann, sein Haus wieder zu richten. Fündig wurde er bei einer Firma im Ruhrgebiet. Die ist am Dienstag mit einem Bautrupp angerückt und hat damit begonnen, die schadhafte Bodenpartie zu reparieren. Das geschieht mittels Injektionen — ähnlich wie beim Schönheitschirurgen, nur eine Nummer größer.

Zunächst wurden rund um die Hausmauer 24 Löcher ins schadhafte Fundament des nicht unterkellerten Holzständerhauses gebohrt. Zwei Meter tief, bis hinab zur intakten Sohle des Baugrunds. Dann führten die Arbeiter Hohllanzen hinein, durch die ein aus zwei Komponenten bestehendes Kunstharzgemisch in den porösen Untergrund gepumpt wird. Beim Aushärten innerhalb weniger Minuten quillt das Harz auf bis zu 30 Prozent seines ursprünglichen Volumens auf. Dadurch wird der eingesunkene Boden angehoben und mit ihm das Haus.

Mit Laser-Kontrollinstrumenten kann dieser Prozess durch exaktes Dosieren der eingespritzten Kunstharzmenge millimetergenau gesteuert werden. Zuvor waren die Versorgungsleitungen für die Prozedur hergerichtet worden. Mittels Spezialkamera wird zudem überwacht, dass der Kanalanschluss keinen Schaden nimmt. Bis zu zehn Meter tief lassen sich mit den Lanzen Bodenkorrekturen vornehmen und selbst große Gebäude um bis zu 35 Zentimeter anheben. Das Verfahren wird laut Anbieter schon seit 1995 angewandt. Fürs Grundwasser sei es unbedenklich, weil das Harz keine schädlichen Fluorkohlenwasserstoffe enthalte.

Viele Hohlräume

Keine zwei Meter vom Wohnhaus entfernt stecken noch sechs massive Eisenträger tief im Boden des schmalen Grundstücksstreifens, den sich Deinhardt im Zuge des Bauprojekts nebenan gesichert hat. Es sind die sichtbaren Zeugen einer Spundwand, die zur Absicherung der Baugrube für das Mehrfamilienhaus errichtet worden war. In ihrem Bereich weist der Boden zahlreiche Hohlräume auf. Dass sie beim Injektionsverfahren gleich mit ausgefüllt werden, darauf hofft nun der Hausbesitzer. Aber auch darauf, dass ihm die auf 45 000 Euro geschätzten Kosten für die Sicherungsmaßnahme erstattet werden. Doch das ist abhängig vom Urteil der Gutachter und des Gerichts.

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